Predigt zum 14. Sonntag im Jahreskreis (C)
am 4. Juli 2004
Thema: Das Weltjugendtagskreuz
Anknüpfungspunkt: Gal. 6, 14 in der Lesung des Sonntags
Autor: P.Heribert Graab S.J.
„Das Kreuz kommt…" 
diese Ankündigung steht in diesen Wochen 
auf Plakaten überall in Deutschland
und begegnete uns kürzlich auch hier in Göttingen und in St.Michael.
 
„Das Kreuz kommt..." 
Da geht es nicht um etwas Bedrohliches
oder Angsterregendes.
Da geht es vielmehr um jenes schlichte Holzkreuz,
das während des Heiligen Jahres 1983/84
im Petersdom in der Nähe des Hauptaltares stand
als ein Zeichen jenes „Heils", das Jesus Christus uns schenkt.

Zum Abschluß des Heiligen Jahres
vertraute Papst Johannes Paul II. dieses Kreuz
der katholischen Jugend der Welt an.
Johannes Paul sagte dazu:
„Tragt dieses Kreuz durch die ganze Welt 
als ein Zeichen für Christi Liebe zur Menschheit, 
und verkündet allen, dass wir nur im Tod 
und der Auferstehung Christi Heil und Erlösung finden können."

Seither wurde das Kreuz zu allen Weltjugendtagen getragen, 
die seit 1986 z.B. in Buenos Aires, 
in Santiago de Compostela, Tschenstochau, Denver, Manila, 
in Paris und zuletzt 2002 in Toronto stattfanden.

Zwischen den Weltjugendtagen 
befindet sich das Weltjugendtagskreuz 
auf dem Weg der Versöhnung zum jeweils nächsten Gastgeberland 
und wurde 2003-2004 durch 26 europäische Länder getragen.
Das Kreuz stand in Einkaufszentren und Slums,
in Gefängnissen, Fußgängerzonen und am Ground Zero in New York.
Menschen aller Hautfarben und Nationen hielten es in Händen.
An seinem Holz haften unzählige Bitten, Wünsche, 
Danksagungen und Hoffnungen.

Am Palmsonntag dieses Jahres überreichten Jugendliche aus Sarajewo 
das Weltjugendtagskreuz in Berlin deutschen Jugendlichen.
Und nun ist das Kreuz in deutschen Bistümern unterwegs -
auf dem Weg zum Kölner Weltjugendtag 2005.
Am vergangenen Dienstag war es hier bei uns in Göttingen.

Jugendliche unserer Stadt haben es 
mit Bändern ihrer Hoffnung geschmückt.
Sie haben zum Ausdruck gebracht,
was ihnen das Kreuz bedeutet.
Da war nichts Bedrückendes in dem, was sie sagten.
Vielmehr verbinden Jugendliche mit dem Kreuz
Stichworte wie:
Trost, Versöhnung, Frieden, Kraft, Mut zum Leben...

All ihre Hoffnungen, die sie mit dem Zeichen des Kreuzes verbinden,
kann man zusammenfassen in dem Kehrvers,
den wir soeben gesungen haben:
„Im Kreuz ist Heil,
im Kreuz ist Leben,
im Kreuz ist Hoffnung."

Ich selbst habe diese trostreiche und ermutigende Seite 
des Kreuzes Jesu Christi überhaupt
und insbesondere dieses Weltjugendtagskreuzes
vor einigen Wochen auf eine sehr bewegende Weise erfahren:

Vor kurzem habe ich eine junge Frau besucht,
die Gemeindereferentin ist 
und in ihrer Stadt eigentlich auch verantwortlich
für die Vorbereitung des Weltjugendtages
und für die Pilgerstation des Weltjugentagskreuzes.
Eigentlich -
denn schon seit März ist sie
zunächst ans Krankenbett 
und dann an den Rollstuhl gefesselt.
Es wird noch einige Zeit dauern, bis sie geheilt ist
und ihren Aufgaben wieder nachkommen kann.
Während einer so langen Zeit wird man schnell einsam:
Besuche werden seltener.
Und die Tage sind lang.
Die Gefahr ist groß, mutlos zu werden.
Wenige Tage vor meinem Besuch
war es nun so weit: 
Das Weltjugendtagskreuz kam in ihrer Stadt - 
und sie konnte nicht dabei sein.
Ein sehr trauriger Tag!
Am nächsten Morgen jedoch
- das Kreuz sollte eigentlich schon auf dem Weg 
zu seiner nächsten Station sein -
hielt der weiße Transporter des Kreuzes
mit dem aufgemalten bunten Logo des Weltjugendtages
vor der Wohung der jungen Frau.
Das große Kreuz wurde ausgeladen
und in ihr Wohnzimmer geschleppt.
Nur mühsam und in ganz ungewöhnlicher Position
fand es dort überhaupt Platz.
Aber es war genügend Zeit für eine kurze Andacht
und für ein gemeinsames Gebet.
Die Tränen standen der Kranken in den Augen,
als sie mir von dieser überraschenden Begegnung
mit dem Kreuz erzählte.
Das Kreuz hat ihr Trost und neuen Mut geschenkt.
Es leuchtete wie ein helles Licht 
hinein in die Dunkelheit ihres Alleinseins
und des langwierigen und mühsamen Heilungsprozesses.
Es war für sie Zeichen einer neu geschenkten Zukunft.

Auf dem Hintergrund dieser Erfahrung muß ich gestehen,
daß ich das Pauluswort aus der Lesung des heutigen Sonntags
ganz neu verstehe und mir zu eigen machen kann:
„Ich will mich allein des Kreuzes Jesu Christi,
unseres Herrn, rühmen!"

Amen.