Predigt zum 450. Todestag des hl.Franz Xaver 
am 1. Dezember 2002
Lesung: Zef. 3, 9-10. 14-20
Evangelium: Mt. 28, 16-20
Autor: P.Heribert Graab S.J.
Alle Welt spricht heute von Globalisierung -
und verfolgt dabei doch jeweils partikulare Interessen:
Insbesondere die Wirtschaft der reichen Nationen
profitiert von dieser Art von Globalisierung.
Von einer Globalisierung sozialer Errungenschaften 
der christlichen Tradition spricht dagegen niemand.
Im Gegenteil: Da sollen eher Minimalstandards
globalisiert werden -
häufig unter dem so wohl klingenden Stichwort
„Deregulierung".

Das Wort „Globalisierung" selbst klingt hochmodern.
Das jedoch, was dieses Wort eigentlich meint,
ist uralt und hat einen festen Platz schon in der Bibel.
Das klingt zum Beispiel in der Zefánja-Lesung an,
die wir eben gehört haben.
Da ist davon die Rede,
daß der Herr die „Lippen der Völker", 
die Lippen aller Völker weltweit verwandeln werde,
„damit alle den Namen des Herrn anrufen
und ihm einmütig dienen".

Der faszinierendste Text dazu findet sich jedoch beim Propheten Micha:
„Am Ende der Tage wird es geschehen: 
Der Berg mit dem Haus des Herrn
steht fest gegründet als höchster der Berge;
er überragt alle Hügel.
Zu ihm strömen die Völker.
Viele Nationen machen sich auf den Weg."

Spannend zu lesen ist der Grund,
warum sie sich aufmachen zum „Berg des Herrn":
Sie haben erkannt,
daß Seine „Weisungen", zumal Seine Sozialgesetzgebung
- wie keine Ordnung sonst -
das friedliche und menschnwürdige Zusammenleben 
von Menschen und Völkern garantieren kann.

Dann heißt es weiter bei Micha:
„Der Herr spricht Recht im Streit vieler Völker, 
er weist mächtige Nationen zurecht. 
Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern
und Winzermesser aus ihren Lanzen. 
Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, 
und übt nicht mehr für den Krieg."

Hier geht es also 
um eine Globalisierung sozialer Errungenschaften
und um eine Globalisierung des Friedens.
Und genau darum müßte es auch heute gehen!
 

Auch im Evangelium des heutigen Festages
geht es um „Globalisierung" :
„Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde.
Darum geht zu allen Völkern,
und macht alle Menschen zu meinen Jüngern."

Das könnte man eine christliche Globalisierung nennen.
Jedenfalls geht es um eine Globalisierung
der frohmachenden und beglückenden Botschaft Jesu Chrsti.

Und dieser globalen Sendung sind von allem Anfang an
Jüngerinen und Jünger Jesu Christi gefolgt.
Sie waren schlichtweg der Überzeugung,
daß sie den Menschen aller Völker und aller Kulturen
keinen sinnvolleren Dienst tun könnten,
als genau diese Botschaft weiterzusagen.

So entstanden schon in den ersten christlichen Generatioen
Gemeinden in der ganzen damals bekannten Welt:
Rund um das Mittelmeer,
bis tief in den Afrikanischen Erdteil hinein
und sogar bis nach Indien -
denken Sie an die Thomaschristen dort,
die ihren Glauben auf den Apostel Thomas zurückführen.

Schon in den ersten Jahrhunderten bildeten sich
für diese umfassende Sendung der Kirche
Begriffe heraus, die sich weitgehend mit dem Begriff „global" decken:
So etwa der Begriff „katholisch",
der selbstverständlich noch nicht konfessionell verstanden wurde,
sondern einfach „allumfassend" bedeutete.
Oder auch der Begriff „ökumenisch",
der nicht nur das Streben nach Einheit der Kirche meinte,
sondern vor allem die Sendung der Kirche
für den „ganzen (bewohnten) Erdkreis"
zum Ausdruck brachte.

Genau dieser allumfassenden Sendung
fühlte Franz Xaver sich verpflichtet.
In dieser Sendung sah er seine persönliche Berufung
und auch die Berufung jenes Ordens,
den er selbst gemeinsam mit Ignatius von Loyola
ins Leben gerufen hatte.

Franz Xaver lebte in einer Zeit,
deren Blick sich öffnete für die globale Dimension der Erde:
Vierzehn Jahre vor seiner Geburt
hatte Kolumbus Amerika entdeckt.
Nur 8 Jahre vor seiner Geburt
hatte Vasco da Gama den Seeweg nach Indien gefunden.
Es war die Zeit der großen Entdeckungen,
die Zeit der Welteroberer,
die Zeit der Konquistadoren.

Es gab damals bereits so etwas 
wie eine „Globalisierung" im heute üblichen Sinn:
Spanier und Portugiesen teilten unter sich die ganze Welt auf -
und das ausschließlich aus wirtschaftlichen und machtpolitschen Gründen. 
Als Franz Xaver vier Jahre alt war,
eroberten die Portugiesen Goa,
jene Stadt, die für Franz Xaver später 
zum Zentrum seiner missionarischen Tätigkeit wurde,
und wo er schließlich auch zu Grabe getragen wurde.

Franz Xaver ist ganz und gar geprägt
von dem globalen Denken seiner Zeit.
Mit einem wesentliche Unterschied allerdings:
Ihm geht es nicht um Macht und Profit,
ihm geht es um die Menschen
und darum, ihnen durch die Verkündigung der Botschaft Jesu Christi
einen Sinn für ihr Leben zu erschließen
und ihnen Perspektiven zu eröffnen
für ein menschenwürdiges Leben hier
und für ein vollendetes Leben 
in der Herrlichkeit Gottes.

Er segelte um die Erde
zweifelsohne auf den Spuren und mit den Schiffen
der globalisierten „Pfeffersäcke".
So blieb es nicht aus,
daß seine menschenfreundliche Art von „Globalisierung"
immer wieder in Konflikt geriet
mit dem ausbeuterischen Globalisierungsverständnis
der Politiker und Wirtschaftler dieser Zeit.
Sie waren Europäer - wie er.
Sie waren Christen - wie er.
Aber durch ihr praktisches Verhalten disqualifizierten sie nicht nur sich selbst.
Sie disqualifizerten den christlichen Glauben.
Denn für den ist wichtiger als die Verkündigung mit Worten
das gelebte Vorbild.

Franz xaver selbst lebte in einer primitiven Hütte, 
kümmerte sich um die Kinder, 
besuchte die Kranken, Sterbenden und Ärmsten 
und half, wo immer es ging. 
Im Süden Indiens z.B. kannte man bislang nur Europäer,
die an den kostbaren Perlmuscheln interessiert waren, 
die einheimische Taucher vom Meeresgrund holten. 
Xaver und seine Mitbrüder verteidigten die Fischer 
gegen die ausbeuterische Behandlung 
von Seiten der portugiesischen Händler, 
die immer mehr Perlen verlangten.

So beschränkte sich die Missionsarbeit Xavers
nicht auf die Verkündigung des Evangeliums
unter der einheimischen Bevölkerung.
Er lebte vielmehr das Evangelium
und scheute sich zugleich nicht,
den Portugiesen auf eine Art ins Gewissen zu reden,
die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ.

Für uns Menschen des 21. Jahrhunderts mag vielleicht faszinierend sein,
daß dieser Franz Xaver die halbe Welt bereiste
und bis vor die Tore Chinas kam -
nicht auf modernen Kreuzfahrtschiffen,
sondern unter den primitiven verkehrstechnischen Bedingungen
des 16. Jahrhunderts.

Uns als Christen solllte jedoch etwas ganz anderes begeistern
und auch sehr nachdenklich machen: 

• Einmal die enorme Überzeugungskraft des Heiligen,
die letztlich darin wurzelte,
daß er selbst in seinem Glauben tief verwurzelt war; 
• zum anderen seine überwältigende Glaubwürdigkeit,
die etwas damit zu tun hatte,
daß er nicht über den Glauben redete,
sondern ihn lebte;
• und schließlich der Mut,
mit dem er für die Schwachen eintrat -
auch gegen die Macht derer,
die wie er Europäer und Christen waren.

Hätten wir hier in Göttingen auch nur etwas von all dem -
unsere Stadt sähe anders aus
und würde möglicherweise gar zum Ziel einer Völkerwallfahrt,
wie sie der Prophet Micha in seinen Visionen geschaut hat.

Amen.