Predigt zum 2. Sonntag im Jahreskreis A
am 19. Januar 2013
Evangelium: Joh. 1, 29 - 34
Autor: P.Heribert Graab S.J.
(Im Wesentlichen nach einer Predigt aus dem Jahre 2008.)
Taufe ist harmlos!
Die paar Wassertröpfchen -
da passiert doch nichts!

So oder ähnlich redete eine Mutter
ihrem Vierjährigen zu,
der getauft werden sollte.

Ob bewußt oder unbewußt -
diese Mutter artikulierte eine unter Christen
weit verbreitete und gelebte Überzeugung:
Taufe - da passiert doch nichts!

Nun haben wir gehört:
Schon Johannes taufte mit Wasser.
Und doch war seine Taufe alles andere als harmlos.
Es war eine Taufe der „Umkehr“, ja des „Umdenkens“.
Eine Taufe der Rückbesinnung auf das Wesen des Gottesvolkes.
Es ging um die Existenz Israels als Gottesvolk:

•    Es reicht nicht, Abraham zum Vater zu haben.
•    Es reicht nicht, einfach äußerlich dazu zu gehören.
•    Es reicht nicht, auf Traditionen zu verweisen -
    auch nicht auf christlich-abendländische Traditionen!
•    Es reicht erst recht nicht,
    wenn beim Einwohnemeldeamt oder auch beim Finanzamt
    ein kleines „r.k.“ für „katholischer Christ“
    oder ein „ev.“ für „evangelischer Christ“
    hinter dem Namen notiert ist.

Schon die Wassertaufe des Johannes gibt es nicht
ohne praktische Konsequenzen,
ohne Früchte eines erneuerten Lebens.
Die Wassertaufe des Johannes „taucht“ unter - restlos,
mitsamt Kopf, Mund und Nase.
Da stirbt der „alte Mensch“,
er ertrinkt regelrecht,
damit ein neuer Mensch auftauchen, auferstehen kann -
ein Mensch, der sich immer wieder neu
orientiert an der „Weisung“ Gottes;
mehr noch: Ein Mensch nach dem Bild und Gleichnis Gottes.

Und nun wird Johannes nicht müde zu betonen:
Diese Wassertaufe, die fürwahr schon revolutionär,
im wörtlichen Sinne umwälzend, umkrempelnd ist,
diese Wassertaufe ist längst nicht alles!
Nach mir - sagt Johannes - kommt einer,
der tauft euch mit Feuer und mit Heiligem Geist.
Da geht‘s erst wirklich zur Sache!

Das Symbol des Feuers ist uns von Pfingsten her vertraut.
Allerdings dürfte es kein Zufall sein,
daß wir mit Pfingsten nichts anfangen können,
daß Pfingsten gerade noch ein willkommener Ausflugstag ist.
Taufe ist „harmlos“ -
an Pfingsten wird‘s überdeutlich.

Im Munde des Johannes hat das Bild vom Feuer
eindeutig einen sehr ernsten und mahnenden Unterton,
wenn er von Jesus sagt:
„Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.
Schon hält er die Schaufel in der Hand;
er wird die Spreu vom Weizen trennen
und den Weizen in seine Scheune bringen;
die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.“
                                    (Mt. 3, 11 b - 12)
Die Taufe scheidet die Geister!
Auch heute - Jedenfalls wenn die Taufe wirklich gelebt wird!

Jesus selbst hat einmal gesagt:
„Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen.
Wie froh wäre ich, es würde schon brennen.“ (Lk. 12, 49)
Mit dem Tode Jesu scheint dieses Feuer erloschen zu sein,
in sich zusammengesunken wie die Hoffnung der Jünger.
Die sitzen auf dem Aschenhaufen ihrer Träume
und trauen sich nicht einmal mehr unter die Menschen.

Gott selbst muß dieses Feuer neu entfachen.
Darum geht es in der Feuer-Symbolgeschichte,
die Lukas vom Pfingstfest erzählt.
Eine faszinierende Vision:
Feuer flammt auf.
In ständig sich verändernder Bewegung
züngeln die Flammen.
Lukas sieht Flammenzungen.
Dies Bild zeigt einen Zusammenhang auf
mit unserer menschlichen Sprache.
Die Jünger - Petrus allen voran - werden beredt.
Ihr Glaube, der wie ein glimmender Docht verloschen war,
flammt neu auf.
Diese Flamme - einmal aufgelodert -
läßt sie sich nicht mehr ersticken.

Feuriger Geist entflammt zu feuriger Rede.
Einzelne Feuerzungen lassen sich nicht mehr unterscheiden.
Es entsteht ein Flächenbrand.
Das ist der lang erwartete „Tag des Herrn“ -
nicht als Gerichtstag, sondern als schöpferisches Ereignis:
Söhne und Töchter, Junge und Alte, Knechte und Mägde -
einfach alle werden verändert -
etwa wie Feuer aus metallischem Erz
glänzendes Gold herausbrennt.

Dies „Wunder“ kann nur Gott bewirken -
göttliches Feuer, Feuer Seines Geistes.
So sieht Lukas auch nicht von Menschen entfachtes Feuer,
das all zu oft vernichtendes Feuer ist.
Lukas sieht das Feuer „von oben“,
vom Himmel her, aus Gottes Wirklichkeit kommen.

Wie eine Stichflamme ergreift es die Herzen der Menschen.
„Ein Stich ging ihnen durchs Herz,“
heißt es von den Hörern der Pfingstpredigt des Petrus.
Der Gott, der sich dem Mose im brennenden Dornbusch zeigt,
gießt Seinen Geist, Seinen feurigen Eifer
in die Herzen der Menschen.
Leben in diesem Geist wird es nicht geben,
ohne daß man sich bisweilen Finger und Zunge verbrennt.
„Hitzige“ Debatten - mögen sie noch so verpönt sein -
gehören dazu - auch in der Kirche von heute.
Sie sind nicht selten ein Zeichen dafür,
daß die Flamme noch nicht erloschen ist in uns.
Gott sei Dank!

Gottes Geist hat viele Flammen.
Ein Feuer mag mit einer einzigen Flamme beginnen.
Es entwickelt sich jedoch zu einem Brandherd
mit unzähligen Flammen, die empor züngeln.
Petrus gibt mit seiner feurigen Rede die Initialzündung;
aber viele werden mitgerissen
und es entsteht eine geistbewegte Gemeinde.
Die alte Geschichte vom Turmbau zu Babel
wird umgekehrt:
Menschlicher Stolz und menschliche Autonomie
führen zur Sprachverwirrung:
Menschen benutzen die gleichen Vokabeln
und verstehen einander doch nicht.
Sie reden aneinander vorbei und immer wieder gegeneinander.
Es ist unmöglich, unter diesen Umständen Gemeinsames zu schaffen.

Nun aber geschieht Verbindendes:
„Gottes Geist wird ausgegossen über alles Fleisch“,
heißt es in der Apostelgeschichte.
Das Feuer vom Himmel verteilt sich auf die Vielen,
und sie teilen untereinander das Brot
und alles, was sie besitzen.
Und wo „von unten“ Konflikte auflodern,
wirkt das Feuer göttlicher Liebe „von oben“
jenen Frieden, „den die Welt nicht geben kann“,
der aber möglich ist aus dem Geist der Bergpredigt Jesu.

Taufe bewirkt Gemeinschaft.
Lassen wir die Taufe in uns wirken!
Sie bewahrt uns - und durch uns auch andere -
vor Einsamkeit und vor der lähmenden Angst, einsam zu werden.

Um all das geht es,
wenn Johannes von Jesus sagt:
„Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.“  (Mt. 3, 11)
Wer das verstanden hat,
und wer gegen das Feuer des Gottesgeistes
nicht gleich mit der Feuerspritze angeht,
der wird so schnell nicht mehr sagen:
Taufe ist harmlos.

Amen.