Predigt - Impulse
zu Pfingsten 'C' - 5. Juni 2022
Lesung: Ag.p 2, 1-11
Evangelium: Joh. 20,19-23
Autor: P. Heribert Graab, S.J.
Merkwürdig:
Selbst Christen haben kaum einen wirklichen Zugang zum Pfingstfest -
nicht zu vergleichen mit Weihnachten oder Ostern.
Die Folge:
Man fährt halt ins Grüne,
genießt bei schönem Wetter einen willkommenen Urlaubstag.

Mir scheint, das hat fatale Konsequenzen -
nicht nur für den Einzelnen,
sondern fast mehr noch für die Gesellschaft,
ja sogar für die ganze Menschheit.

Ich gehe einmal davon aus,
daß der folgende Liedvers Zutreffendes sagt:
    „Der Geist des Herrn durchweht die Welt
    gewaltig und unbändig;
    wohin sein Feueratem fällt,
    wird Gottes Reich lebendig.
    Da schreitet Christus durch die Zeit
    in seiner Kirche Pilgerkleid,
    Gott lobend: Halleluja."

Zutreffend ist dieser Liedvers jedenfalls als Angebot Gottes.
Auf diesem Hintergrund möchte ich Sie nun einladen
zu einem Phantasie-Experiment.
Phantasie hat ja sehr wohl etwas mit Geist
und eben auch mit Heiligem Geist zu tun.
Lassen wir also - beflügelt von Heiligem Geist -
unsere Phantasie „stürmen"!

Stellen Sie sich also möglichst phantasievoll vor:

1.    Das, was sich damals in Jerusalem ereignete,
ereignete sich mit vergleichbaren Konsequenzen
heute hier in dieser Kapelle, in dieser Gottesdienstgemeinde:
•    Ein Sturm des Gottesgeistes hier drinnen,
•    feurige Zungen der Glaubensbegeisterung,
•    offene Türen - wir alle stürzen nach draußen,
•    und dort vor dem Kloster und auf der Straße
     versammeln sich in Scharen Menschen,
     die eigentlich mit ganz anderen Plänen unterwegs waren.
Malen Sie sich für einen Augenblick aus,
was dann unter dem Einfluß des Gottesgeistes passiert...

Moment der Stille.

2.    Oder stellen Sie sich vor, ähnliches geschehe
morgen in Rom bei der Papstmesse im Petersdom.
Welche Konsequenzen hätte das möglicherweise
für die Kirche?
Oder gar für das aktuelle Geschehen in dieser Welt?

Moment der Stille.

3.    Da wir gerade über das Weltgeschehen
nachgedacht haben,
könnten wir doch gleich weiter phantasieren
und uns vorstellen,
•    Pfingsten ereignete sich in der UNO...
•    Oder Gottes Geist breche urplötzlich ein
    in die Metropolen der globalen Finanzwelt...
•    Auszuschließen wäre es ja auch nicht,
    daß der Pfingstgeist auf die Idee käme,
    in den Parlamenten und bei den Regierungen der Völker
    einen Sturm zu entfesseln und Sein Feuer zu legen -
    z.B. in Moskau, in Kiew oder in Washington oder gar in Berlin.

Moment der Stille.

4. Aber schauen wir ruhig auch auf unser privates Umfeld,
auf unsere Familien, Partnerschaften, Freundeskreise...
Wenn da plötzlich Pfingsten einbrechen würde,
•    was geschähe dann?
•    Wie würde sich unser ganzes Leben miteinander verändern?
•    Welche Beziehung würde auf einmal im Rampenlicht stehen?
•    Welche Beziehung würde sich von Grund auf verändern
    oder gar ganz aus unserem Leben verschwinden?
•    Und was würde vor allem mit uns selbst passieren?

Moment der Stille.

Gewiß ist das, was wir an Weihnachten und Ostern feiern,
unerläßliche Voraussetzung für das Pfingstereignis.
Aber unser Fantasy-Storming dürfte klar gemacht haben:
Gottes Heilsgeschichte mit uns Menschen,
Seine eigene Menschwerdung, Sein öffentliches Wirken,
Sein Leiden und Sein Sieg über den Tod
gipfeln in der Sendung Seines Geistes in diese Welt.
So gesehen ist Pfingsten
der eigentliche Höhepunkt des Kirchenjahres!
So gesehen müßten wir Pfingsten
wirklich mit überschäumender Freude
und - wörtlich! - mit Be-Geisterung feiern.
Lassen wir uns diese Gelegenheit
in diesen Pfingsttagen nicht entgehen!

Amen.