Predigt zum 2. Fastensonntag 'A'
am 8. März 2020
Evangelium:  Mt. 17, 1 - 9
Autor: P. Heribert Graab SJ
In dieser Jahreszeit warten die Menschen
sehnsüchtig auf den Frühling.
Nicht von ungefähr sind Christinnen und Christen
gleichzeitig auf dem Weg nach Ostern.
Und genau während dieser erwartungsvollen Zeit
läßt die Kirche im Evangelium des 2. Fastensonntags schon einmal
etwas vom zunehmenden Licht des kommenden Frühlings
und vor allem vom strahlenden Licht des Ostermorgens aufscheinen.

Kurz vorher hatte Jesus Seinen Jüngern erklärt,
Er müsse nach Jerusalem gehen
und dort von den Ältesten, den Hohenpriestern und Schriftgelehrten
vieles erleiden.
Er werde schließlich sogar getötet werden, aber am dritten Tag
werde Er auferstehen in das Licht eines neuen Lebens. (Mt. 16, 21 ff).
Jesus begegnet dem Protest des Petrus dagegen
mit den sehr ernsten Worten:
„Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst,
nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren;
wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.“

Vermutlich löste die düstere Einschätzung der aktuellen Situation
unter den Jüngern Enttäuschung und Niedergeschlagenheit aus.
Dieser depressiven Stimmung begegnet Jesus,
indem Er Petrus, Jakobus und Johannes einlädt,
mit Ihm gemeinsam auf einen hohen Berg hinaufzusteigen.
Dort erleben sie dann Seine Verklärung
als ein strahlendes Licht hinein in ihren düsteren Trübsinn.

Es lohnt sich, diese Erzählung von der Verklärung Jesu,
die die Jünger miterleben durften,
ein wenig näher zu betrachten.
Vielleicht kann sie auch uns eine Hilfe sein
in dunklen Momenten und Zeiten unseres Lebens und unseres Glaubens.

Ganz vordergründig betrachtet, führt Jesus Seine Jünger
für einen Tag aus ihrem aktuellen Alltag heraus - aus einem Alltag,
der sie mit zunehmender Feindschaft ihrer Umgebung konfrontiert,
aus einem Alltag, in dem mehr und mehr dunkle Wolken aufziehen.

Auf dem Berg erfahren sie so etwas wie ein ‚Lichtwunder‘:
Vor ihren Augen wurde ihr Freund und Meister verwandelt;
„sein Gesicht leuchtete wie die Sonne,
und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht.“
Mir fällt dazu spontan ein, daß heutzutage Psychologen
in vergleichbar depressiven Situationen empfehlen,
mal einen Tag auszuspannen,
die Umgebung zu wechseln, z.B. eine Wanderung zu unternehmen,
und vor allem Sonne zu tanken.
Jesus scheint jedenfalls ein guter Psychologe gewesen zu sein.

Aber Seine „Therapie“ führt in deutlich tiefere Regionen:
Es öffnet sich sozusagen der „Himmel“
wie schon bei der Taufe Jesu im Jordan.
Die „leuchtende Wolke“ steht - wie so oft in der Heiligen Schrift -
für Gott selbst.
„Göttliches Licht“ verwandelt Jesus auf wunderbare Weise:
Er selbst erstrahlt in diesem Licht
und Gott bekennt sich - wie schon am Jordan - zu Ihm:
„Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe;
auf ihn sollt ihr hören.“

Die ermutigende Botschaft auf dem Weg nach Ostern lautet:
Laßt Euch nicht irre machen durch all die Dunkelheit auf dem Weg!
Das „göttliche Licht“ durchdringt auch die finsterste Nacht!
„Fürchtet euch nicht!“

Aus biblischer Sicht erscheint „der hohe Berg“ der Verklärung
als der neue Sinai, auf dem Gott sich Seinem Volk offenbarte
und Seinen Bund mit Israel erneuerte.
Zudem bestätigt die Gegenwart der alten Propheten Mose und Elia
die Treue Gottes durch alle Zeiten hindurch - bis hin nach Golgatha
und darüber hinaus bis in die Finsternis unserer Zeit.
Zudem verbinden die Propheten sowohl für die Jünger, als auch für uns
die Geschichte Gottes mit den Menschen
des ersten und des zweiten Testamentes
zu einer untrennbaren Einheit:
Der Gott Israels ist der Gott Jesu Christi und auch unser Gott.
Auf Seine Treue, auf Sein Licht und Seinen Beistand dürfen wir bauen,
genau wie auch Israel immer wieder auf Ihn vertraute.

Schließlich verschwindet das überwältigende Licht,
und der Mensch Jesus von Nazareth bleibt allein zurück
mit und bei Seinen Jüngern: „Steht auf und habt keine Angst!“
Das Geheimnis des Göttlichen ist immer
sowohl faszinierend und tröstlich,
als auch erschreckend und bedrohlich.
Daher dürfen wir Gott in dem Menschen Jesus von Nazareth begegnen:
In Ihm ist Gott einer von uns geworden.
Er befreit unser Gottesbild von allem Bedrohlichen
und nimmt uns - wie den Jüngern auf dem hohen Berg - die Angst
und richtet uns auf.

Das Evangelium dieses Sonntags,
die Verklärungsgeschichte auf dem Tabor
läßt die Jünger und auch uns
diesen Jesus in einem anderen und immer wieder neuen Licht sehen.
Eines unserer vertrauten Lieder formuliert das so:
„…wahr' Mensch und wahrer Gott,
hilft uns aus allem Leide,
rettet von Sünd und Tod.“
So also sind wir mit Ihm auf dem Weg nach Ostern.

Amen