Predigt zum 3. Fastensonntag (A)
am 27. März 2011
Lesung: Ex. 17, 3 - 7
Evangelium: Joh. 4, 5 - 42
Autor: P.Heribert Graab S.J.
Wasser kann eine zerstörerische
und todbringende Macht haben.
Wir haben es kürzlich erst wieder erlebt
bei diesem katastrophalen Tsunami in Japan.
Auch die Bibel kennt diese dunkle
und erschreckende Seite des Wassers.
Denken Sie nur an die Erzählung von der Sintflut.
Aber selbst wenn die Wasserfluten todbringend
über Menschen hereinbrechen,
weiß die Bibel auch,
daß Gott ein Gott des Lebens ist,
daß Er nicht den Tod des Menschen will,
daß Er vielmehr immer wieder rettend eingreift.

In der alttestamentlichen Lesung
und im Evangelium dieses Sonntags
geht es nun jedoch um die andere,
die lebenspendende Seite von Wasser.
Im Vordergrund beider Lesungen
steht der ganz reale Durst von Menschen,
der durch das Geschenk des Wassers gestillt wird.
Beide Lesungen haben jedoch auf einer bildhaften Ebene
vor allem jenen “Durst” nach dem “Wasser des Lebens” im Sinn,
das alle menschliche Sehnsucht stillt,
und das nur Gott schenken kann.

Es ist kein Zufall, daß Mose auf Gottes Geheiß
eine Quelle aus dem Felsen des Horeb sprudeln läßt.
Der Horeb ist jener Gottesberg,
auf dem Gott Seinem Volk die Weisung der Thora schenkt.
Gottes Wort also ist die eigentliche Quelle des Lebens.

Zwei Psalmverse verdeutlichen diesen tieferen Sinn
jener Szene am Horeb:

    “Du tränkst die Menschen mit dem Strom deiner Wonnen.
    Denn bei dir ist die Quelle des Lebens.” (Ps. 36, 9 f)

und

    “Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser,
    so lechzt meine Seele, Gott, nach dir.
    Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott.” (Ps. 42, 2 f)

oder auch die Verkündigung der Heilszeit durch Jesaja:

    “Mit Jubel werdet Ihr Wasser schöpfen
    aus den Quellen des Heils.” (Jes. 12, 3)

Wasser - das ist Leben schlechthin!
Und dieses Leben - nicht nur irgendeine Seite des Lebens! -
ist Gott selbst,
ist der Gott “für mich”,
der Gott, der meine Existenz bedeutet,
der mir persönlich begegnet,
der sich an mich verschenkt,
der sich “verströmt”.

Stille

Im gleichen Sinne lautet das Schlüsselwort Jesu im Evangelium:

    “Wenn du wüßtest, worin die Gabe Gottes besteht
    und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!,
    dann hättest du ihn gebeten,
    und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben...
    Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde,
    wird niemals mehr Durst haben;
    vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe,
    in ihm zur sprudelnden Quelle werden,
    deren Wasser ewiges Leben schenkt.”

Auch dazu ein vertiefendes Jeuswort -
ebenfalls aus dem Johannesevangelium:

    “Wer Durst hat, komme zu mir,
    und es trinke, wer an mich glaubt.
    Wie die Schrift sagt:
    Aus seinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen.
    Damit meinte er den Geist,
    den alle empfangen sollten, die an ihn glauben.” (Joh. 7, 38 f)

Stille

Betrachten wir noch die konkrete Situation
der Frau am Jakobsbrunnen
und ihren eigentlichen Durst nach Leben,
den Jesus ihr in einem sehr feinfühligen Gespräch bewußt macht:
Sie hat - wie viele Menschen heute -
in wechselnden Beziehungen gelebt,
und auch ihre augenblickliche Beziehung
ist so etwas wie eine ‘Lebensabschnitt-Partnerschaft”.
Jesus macht ihren ungestillten Lebensdurst
und ihre tiefste Sehnsucht nach erfüllender Liebe bewußt.
Wie mit einem ‘Zauberstab’
läßt Er mitten in ihrem ausgedörrten Leben
eine Quelle hervorbrechen,
die all ihre Sehnsucht erfüllt.

Im Licht dieses Evangeliums
könnten wir auch die vielen Wechselbeziehungen heute
mit neuen Augen betrachten:
Vielleicht steckt ja auch heute
hinter immer wieder wechselnden Beziehungen
der ungestillte Durst nach Glück,
nach grenzenloser Liebe,
nach einem erfüllten Leben?

Vielleicht könnten ja Menschen auch heute
- wenn sie sich auf die Begegnung mit Jesus einließen -
wie die Frau am Jakobsbrunnen die Erfahrung machen:
Es gibt eine Möglichkeit,
den eigentlichen Durst nach Leben zu stillen.
Es kann sehr wohl Schluß sein
mit der unbefriedigenden Hetze nach Lebensglück.

Wirklich leben können!
Ein eigener Mensch sein!
Selbst Quelle werden,
die auch anderen neues Leben schenkt.
Mit ihnen zusammen ein Leben leben,
das diesen Namen verdient.
Das wär’s!

Stille