Erste Fastenpredigt 2006 am 4. März
Leben mit Hindernissen – Leben in Fülle ? !

Lesungen: 2. Tim 4, 7-8 und Joh 10, 9-10:
Predigerin: Sr. Simone Remmert C.J., Hannover
Kennen Sie auch dieses Gefühl: die Erfahrung von Glück, Erfüllung, Zufriedenheit, nach langem Mühen erreicht oder plötzlich und unerwartet?
Eine Erfahrung, die mich ganz ergreift als Mensch mit Leib, Seele, Geist, Verstand?
Eine Erfahrung, die mir vor Freude die Tränen in die Augen treibt oder mich in Freudenrufe ausbrechen lässt?
Eine Begegnung mit Menschen oder mit Gott, die das Herz fast zerspringen lässt vor Freude?
Volles Leben, Erfüllung, Fülle, Alles!

Ich lade Sie ein, sich an ein solches Geschehen zu erinnern.
Gönnen wir uns 2 Minuten, eine solche Erinnerung vor unserem inneren Auge neu entstehen zu lassen.

Ich hoffe, dass Sie solch eine Erfahrung nicht nur einmal im Leben sondern öfter gemacht haben oder noch machen werden.

Leben in Fülle haben wir erfahren. Und nun verheißt uns die Überschrift der Fastenpredigten zu ignatianischen Impulsen:
Es muss im Leben noch mehr als alles geben

Wir wissen schon lange, dass es mehr gibt, als wir uns vorstellen oder erklären können. Es gibt Phänomene, v.a. in der Natur, die gehen über unseren Verstand.
Auch in unserem christlichen Glauben, in den Erzählungen über Jesus von Nazareth, gibt es Unerklärliches, dort wird es Wunder genannt.
Sportler wollen mehr als alles: höher, weiter, schneller, tiefer…
Der Heilige Ignatius sprach immer wieder vom Magis, vom Mehr, nach dem wir uns ausrichten sollen.

Mehr als Alles!  Das ist doch kaum zu ertragen! Mehr als Fülle? Wie geht das?
Mehr als alles –  im Leben – also auf dieser Erde, hier, jetzt, heute, ständig zu erwarten – nicht erst in der Ewigkeit?
Ist diese Überschrift Ausdruck einer Hoffnung, einer berechtigten Erwartung, ein Traum, eine Zuversicht?
In den kommenden Wochen werden Sie die Chance haben, diesem Thema in verschiedenen Facetten ein wenig auf die Spur zu kommen.

Ich darf Sie heute einladen, mit mir dem Thema nachzugehen, das da heißt:

Leben mit Hindernissen – Leben in Fülle?!

Am Beispiel einer noch viel zu wenig bekannten Frau – Mary Ward, Gründerin der CJ – wollen wir uns diesem Thema nähern.

Zunächst eine kurze Übersicht über ihr Leben

1585 geboren unter der Herrschaft Elisabeth I. in England.
Die Familie war trotz der Katholikenverfolgung der katholischen Kirche treu geblieben.
Mary hört von Klöstern und dem gottgeweihten Leben dort und in ihr
erwacht eine Berufung zu solch einem Leben.
Sie erfährt den Widerstand der Eltern, die sie gerne in eine gut katholische
Familie verheiratet hätten.
Mit 21 Jahren erhält sie doch die Erlaubnis nach St. Omer (spanische
Niederlande, heute Frankreich) auszureisen.
Tritt in einen Klarissenorden ein, erkennt nach einem Jahr, dass es nicht die
richtig Gemeinschaft ist, gründet einen Klarissengemeinschaft für
Engländerinnen und verlässt auch diese wieder nach einem Jahr. Sie erkennt,
dass sie etwas anderes tun soll, weiß aber zunächst nicht, was.
Sie kehrt nach England zurück, arbeitet apostolisch im Untergrund. Nach
einer Vision (24 J.), in der sie erfährt, dass sie alles zur größeren Ehre
Gottes tun soll, schließen sich ihr junge Frauen an. Gemeinsam kehren sie
nach St.Omer zurück. Während einer Krankheit erfährt Mary endlich, was sie
tun soll: „Nimm die der Gesellschaft (Jesu)!  Der Pater General wird es nie
erlauben, geh zu ihm“. Sie soll also die Regeln der Jesuiten übernehmen.
Während sie an diesen Regeln arbeitet, gründen die Frauen Mädchen-
schulen, die es bis dahin nicht gab. Die Gemeinschaft lebt nach der
Lebensart der Jesuiten aber ohne kirchliche Bestätigung. Der Bischof von St.
Omer stützt sie.
Um die Anerkennung ihrer Gründung zu bekommen, macht sich eine Gruppe mit Maria Ward zu Fuß auf den Weg nach Rom, um vom Papst und vom Ordensgeneral die Erlaubnis zu bekommen, die Lebensweise und die Konstitutionen der Jesuiten zu übernehmen und die Gründung zu bestätigen. Es geht Mary Ward um Folgendes:
1. Ohne Klausur bei den Menschen für Gott und für die Menschen zu arbeiten
2. Die Gründung soll unter der Leitung einer Generaloberin stehen
3. nur dem Papst, nicht den Bischöfen unterstellt
4. Mit den Konstitutionen der Jesuiten
5. Der Name der Gemeinschaft soll den Namen Jesu enthalten.
Diese Form der Lebensgestaltung für Frauen war in der damaligen Zeit zu neu
und zu fortschrittlich. So wurden ihr viele Hindernisse in den Weg gelegt,
viele falsche Anschuldigungen wurden ihr zum Verhängnis.
Mary Ward wird als Häretikerin und Schismatikerin der Inquisition
übergeben
1631 wurde schließlich ihre Gemeinschaft aufgehoben.
1645 starb MW in ihrer englischen Heimat. Das Werk schien gescheitert.
Mary Wards Leben ist voll von Hindernissen. Jedes einzelne von ihnen wäre groß genug, dass ein Mensch daran zerbricht. Und doch zeigt gerade das Leben Mary Wards, der Gründerin der Congregatio Jesu, etwas anderes auf.
Sie nimmt Gottes Verheißung ernst, dass Er das Werk, das er mit ihr begonnen hat, vollenden wird, wo, wann und durch wen Er will. Dieses  unerschütterliche Vertrauen kann helfen, all den Widrigkeiten zu widerstehen, an ihnen zu wachsen und sogar Leben in Fülle zu erfahren. Dabei weiß Mary Ward nicht, dass Ihre Vision von 1611 „Nimm das Gleiche der Gesellschaft Jesu“ und die Genehmigung des Ordensnamens erst 2003 in Erfüllung gehen.

Greifen wir einige Stationen Ihres Lebens heraus, in denen Mary Ward massive Hindernisse in den Weg gelegt wurden, in denen sie Widerstand erfahren hat, nicht daran zerbrochen, sondern gewachsen ist, Hindernisse, die schon zu ihren Lebzeiten zu Leben in Fülle verholfen haben oder deren Früchte wir heute ernten dürfen.

1. Kindheit

Mary Ward ist in einer Familie groß geworden, die für den katholischen Glauben viel auf sich genommen hat. Die Großmutter war 14 Jahre auf Grund ihres Glaubens im Gefängnis. Gottesdienste waren nur unter Gefahren für Priester, häufig Jesuiten, und Gläubige heimlich zu feiern. So war es der Wunsch der Eltern, dass Mary einmal einen guten, katholischen Mann heiratete, um in der Familie den Glauben weiterzugeben.
In Mary wuchs aber eine andere Berufung: Sie hörte von einer Magd, dass es früher auch in England Klöster gegeben habe, in denen Frauen ganz Gott gehörten. Dieser Sehnsucht wollte Mary nachgehen und nachgeben. Das hieße aber in der Konsequenz: sie müsste England heimlich verlassen, da es nur auf dem Festland noch Klöster gab. Die Eltern sträubten sich.
Die Liebe zu ihren Eltern und das Erahnen, von Gott gerufen zu sein, bringt sowohl Mary als auch ihre Eltern in einen Konflikt. Sie muss sich entscheiden: Wem will sie gehorchen? Sechs lange Jahre lebt sie in dieser Zerreißprobe. Hindernisse, drei wichtige Heiratsanträge – bis Gott eingreift. Ein umgestoßener Kelch während der Eucharistie „bekehren“ den Priester, der bisher der Meinung der Eltern war und er stellt sich hinter Mary. Sie darf sich auf die Ausreise und einen Ordenseintritt vorbereiten. Eine Sehnsucht geht in Erfüllung. Aus dem Leid des Ausharrens ist Leben geworden: Gott ist am Werk.

    Und wie sieht das in unserem Leben aus?
Welche Elternbotschaften, welche Erwartungen aus unserer Kindheit haben uns geprägt? Welches Kämpfe haben wir durchlitten, oft auch in der Pubertät?
Und welcher Ausweg, welche Lösung tat sich vielleicht unerwartet auf?
War Gott im Spiel? Hatte er eine Chance?
Oder muss er noch ins Spiel kommen?  Gott ist der Gott für den Menschen. Für Jede und Jeden hält er einen speziellen Platz bereit, einen Platz, der Heil, Freude, Sicherheit schenkt, einen Platz, an dem Gott selbst sich schenkt.

2. Berufswahl –  Unsicherheit über den eingeschlagenen Weg

Mit 21 Jahren glaubt sich Mary Ward am Ziel: Sie darf mit einer Verwandten heimlich nach St. Omer fliehen, um dort in einen möglichst strengen Orden einzutreten. Ein Jesuit rät ihr, in einen wallonischen Klarissenorden einzutreten, er glaubt, es sei Gottes Wille für sie. Dieses Wort ist für Mary genug.  Sie ist glücklich, im sicheren katholischen Flandern Klarissin zu sein — und fällt in tiefe Dunkelheit. Sie wird nur als Laienschwester aufgenommen, weil dort ein Schwester fehlt und muss den klausurierten Schwestern auf Bettelgängen den Lebensunterhalt erwirtschaften. Sie fragt wieder und intensiv nach dem Willen Gottes: Ist der endlich eingeschlagene Weg wirklich der richtige? Sie erkennt, dass es für sie nicht der richtige Weg ist, tritt nach einem Jahr aus der Gemeinschaft aus. Schmach und Schande folgen ihr.
Sie gründet ein Klarissenkloster für Engländerinnen. Nun scheint sie am Ziel ihrer Suche. Sie ist glücklich, spürt aber auch dort, dass sie noch nicht angekommen ist an dem Ort, an den sie Gott stellen will. Sie sucht weiter und erkennt, dass Gott „etwas anderes“ von ihr getan haben will. Doch was? Nach einem weiteren Jahr verlässt sie auch die von ihr gegründete Gemeinschaft und geht zunächst zurück nach England. Im Untergrund arbeitet sie für die Sache Gottes, betet, wartet, sucht, ringt, kämpft in großer Unsicherheit und unverbrüchlicher Treue. So hart die Jahre der Unsicherheit sind — sie bereiten den Boden für ihren eigentlichen Lebensauftrag.
Sie erfährt in der „Gloria Vision“, dass sie alles zur größeren Ehre Gottes tun soll. Was das aber ist, bleibt ihr lange verborgen.
Sie verzweifelt nicht. Sie tut, was sie jetzt tun kann – und wirkt so überzeugend, dass sich ihr junge Frauen anschließen. Dieses Leben strahlt Freude und Glaubenskraft aus.

    Schauen wir auf unser Leben: Wie haben wir unsere Berufung erkannt? Haben wir eigene Entscheidungen getroffen, haben wir andere entscheiden lassen und welche Rolle spielt/oder spielte Gott bei dieser Entscheidung? Treffe ich Entscheidungen mit Gott? Rechne ich mit Ihm in meinem Leben?
Lasse ich mich von ihm führen an den rechten Ort, nicht nur in großen Berufsentscheidungen, sondern auch in den kleinen Entscheidungen des Alltags?

3. Persönliche Hindernisse
       
Immer wieder wird Mary Ward von Krankheiten heimgesucht. Ihre schwache        
Gesundheit ist einer der Gründe für die häufigen Ortswechsel ihrer Kindheit. Sie spricht in den Augen ihrer Eltern gegen  einen Ordenseintritt.  Die Bettelgänge in  ihrer Klarissenzeit überfordern Mary auch körperlich. Die Folgen der Masernerkrankung von 1611 plagen sie bis zum Ende ihres Lebens. Trotz ihrer schwachen Konstitution lässt sie sich nicht aufhalten, z.B. im Winter von Lüttich nach Rom zu gehen, um vom Papst die Bestätigung für ihr Werk zu erhalten.
In “Zwangspausen“, die ihr durch ihre schwache Gesundheit gesetzt sind,  reifen in ihr tiefe geistliche Erfahrungen. Auch dem Hl. Ignatius wurden ja während der Rekonvaleszenz nach seiner schweren Verwundung in Pamplona erste grundlegende geistliche Erfahrungen zuteil.

    Welche Hindernisse, Grenzen kennen wir in unserem Leben? Körperlich, seelisch, geistig. Grenzen meiner Belastbarkeit, Grenzen meiner Fähigkeit, auch meiner Beziehungsfähigkeit. Wie schwer fällt es uns oft, dies in Geduld und Demut anzunehmen? Uns nicht ständig mit anderen zu vergleichen? Und vergessen wir nicht zu leicht: Wir sind nicht Gott, aber wir können um Seine Kraft und Seinen Beistand bitten.

4. Hindernisse von außen

Mit eigenen Hindernissen leben, das mag ja noch angehen, wenn’s auch schwierig ist. Wie aber mit Hindernissen von außen umgehen?

1611 wird Mary Ward Klarheit in der Wahl ihrer Regeln gegeben. Ihr Lebensauftrag ist die Gründung einer Frauengemeinschaft nach dem Vorbild der Jesuiten: nicht weltabgeschieden, sondern mitten unter den Menschen, Gott suchend in allem und überall, bereit und fähig für jeden Dienst am Menschen. Mary Ward hatte ihre geistliche Begleitung immer bei den Jesuiten.  Diese müssen ihr auch Zugang zu den Satzungen der Gesellschaft Jesu verschafft habe. Sie stützen sie auf ihrem Weg mit Gott. Aber viele maßgebliche Jesuiten lehnen den Plan Mary Wards ab; sie fürchten durch einen weiblichen Zweig in ihrer Freiheit eingeschränkt zu werden. Sie verkennen, dass sich Mary Ward nie in eine rechtliche Abhängigkeit begeben wollte.
Mary lässt nie etwas auf die Jesuiten kommen. Im Gegenteil, sie betet für die, die ihr feindlich gegenübertreten. Ja, eine Mitschwester sagt einmal: Es wäre gut ein Feind Marys zu sein, dann könne man sich vieler Gebete sicher sein.
Mary Ward sucht ihre Zuflucht immer bei Gott. Von dort empfängt sie Trost und die Gewissheit, trotz aller Anfeindung auf dem rechten Weg zu sein. Heute lebt eine gute Freundschaft zwischen der Gesellschaft Jesu und der Congregatio Jesu, Leben in Fülle, das sich heute erst zeigt.

Was ebenso gewichtig war, die Amtskirche widersetzte sich der neuen Gemeinschaft. In kurzer Zeit waren zahlreiche Gründungen entstanden. Die Mädchenschulen haben großen Zulauf. Doch die Ordensidee Mary Wards stößt auf den Widerstand der Kirche. Wenige Jahrzehnte vorher hat das Konzil von Trient die rechtlichen Vorschriften verschärft: Ordensfrauen gehören hinter

Klostermauern und unter die Leitung eines Geistlichen.
Ich erinnere: Mary Ward wollte  keine Klausur, kein Ordenskleid und die Gemeinschaft direkt von einer Generaloberin geleitet wissen. Bei drei Päpsten versucht Mary Ward, die Anerkennung ihres Institutes zu erreichen. Doch trotz großer persönlicher Wertschätzung behalten die Gegner die Oberhand.
Und doch bleibt Mary Ward dieser Kirche treu. 1629 wird ihre Sache zum zweiten Mal vor den Kardinälen in Rom verhandelt. Sie stellt ausführlich ihre Gründung und ihren Auftrag, den sie als von Gott gegeben erkannt hat, dar. Am Ende sagt sie: „Wenn seine Heiligkeit und die Kardinäle glaubten, sie müssten sie aus diesem Vorhaben zurückrufen, würden sie sich dieser Entscheidung, als dem Willen Gottes, sofort unterwerfen; aber ihren Plan könnten sie aus Treue zu Gott nicht ändern.“

Und dann kam zu allem Unheil noch der Widerstand aus den eigenen Reihen. Eine Gruppe von Schwestern, die in ihrem Beruf verunsichert ist, schart sich 1619 um eine Schwester, die sich auf Schauungen beruft. Ihr wurde angeblich gezeigt, dass der Weg Mary Wards falsch sei. Die Unruhe und Verwirrung geht der jungen Gemeinschaft ans Mark. Obwohl sie sich ihres von Gott empfangenen Auftrags sicher ist, pocht Mary Ward nicht auf ihre Gewissheit und Autorität. Sie bittet Gott um Klarheit, legt ihre Sache einem erfahrenen geistlichen Begleiter zur Entscheidung vor und überlässt sich ganz dem Urteil anderer. Die Schwester, die sich gegen Mary gestellt hat, stirbt sehr bald an einer zunächst leichten Erkrankung. Für die Gemeinschaft ist das eine Bestätigung, dass Mary auf dem rechten Weg ist. Jedoch ist die Unsicherheit eingekehrt und dauert mehrere Jahre an. In den Exerzitien, einer Phase der intensiven Gottesbegegnung, wird Mary Ward die Sicherheit in Gott neu geschenkt. Daraus lebt sie.

    Woraus leben wir, wenn um uns herum die Welt zusammenbricht? Wenn uns MitarbeiterInnen nicht verstehen, vielleicht sogar mobben? 
Wie reagieren wir, wenn die Familie, Beziehungen zerbrechen?
Wie verankern wir uns in Gott, wenn Beruf und Glaube nicht zusammengehen, weil vielleicht gegensätzliche Maßstäbe gelten?
Wenn wir spüren, unser Gottes- und Kirchenbild ist so ganz anders als das offizielle?
Wo ecken wir an, weil wir unserem Gewissen mehr glauben schenken müssen als dem, was alle sagen?
Leben wir mit Gott, entscheiden wir aus der Beziehung zu ihm?
           
5. Das Ende eines Lebenswerks

Die Gegner Mary Wards haben — scheinbar — gewonnen. Am 13. Januar 1631 unterschreibt Urban VIII. die Bulle Pastoralis Romani Ponificis. In ihr heißt es:
„Es haben sich gewisse Damen unter dem Namen Jesuitinnen… zu einer
Gemeinschaft zusammengeschlossen,… die, durch keine Klausurgesetze
gebunden, nach Belieben herumwandern, Arbeiten ausführen, die dem
Geschlecht und der geistigen Schwäche, der fraulichen Bescheidenheit
und besonders der jungfräulichen Schamhaftigkeit nicht im Geringsten
angemessen sind….
Um solch verwegenes Treiben… in die Schranken zu weisen, haben Wir
angeordnet, dass sie bis in die Wurzeln auszureißen und zu vertilgen
seien. Wir… löschen sie aus, geben sie immerwährender Unterdrückung
preis, beseitigen sie völlig aus der heiligen Kirche Gottes, vernichten sie
und schaffen sie ab, und es ist Unser Wille und Unser Befehl, dass sie von
allen Christgläubigen als unterdrückt, ausgelöscht, ausgerissen, zerstört
und abgeschafft angesehen und gehalten werden.“
        
Am 7. Februar 1631 wird Mary Ward als Gefangene der Inquisition festgenom-men. Dabei sagt sie: „Leiden ohne gesündigt zu haben ist keine Last.“
Hören wir an dieser Stelle einen Text von Dietrich Bonhoeffer, den ich ebenso Mary Ward in den Mund legen könnte:
Wer bin ich? Sie sagen mir oft, ich träte aus meiner Zelle gelassen und heiter und fest wie ein Gutsherr aus seinem Schloss.
…Sie sagen mir oft, ich spräche mit den Bewachern frei und freundlich und klar, als hätte ich zu gebieten.
…Sie sagen mir auch, ich trüge die Tage des Unglücks gleichmütig, lächelnd und stolz, wie einer, der Siegen gewohnt ist.

Auch wenn Mary Ward nach ihrer Entlassung rehabilitiert wird, bleibt der Schatten des Verbots auf ihrer Gründung. Das Scheitern ihres Lebenswerks macht sie nicht irre an ihrer Sendung. Als sie 1645 stirbt, ist für sie alles aus, was sie als Gottes Willen erkannt, wofür sie gekämpft, gebetet, gelitten hat.
Sie war keine Traumtänzerin, keine Illusionistin, sie wusste genau, was diese Aufhebung bedeutete. Doch auf dem Sterbebett sprach sie zu den traurigen Gefährtinnen: „Seid ihr noch immer traurig? Kommt, singen und beten wir fröhlich zu Gott wegen seiner unendlichen Liebe.“
Aus welcher Liebe, aus welch inniger Verbindung mit Gott, aus welchem Vertrauen auf Ostern lebte und starb diese Frau. Ihr Werk war zerbrochen, aber ihre Liebe zu Gott und ihr Vertrauen in Ihn war nicht zu vernichten.

    Wie leben/erleben wir Scheitern? Wie tief verletzt es uns in unserer Seele? Wie schnell verlieren wir den Mut und unser Gottvertrauen?
Ist nicht Christus am Kreuz auch scheinbar gescheitert?
Und welch ein Leben ist aus diesem Scheitern gewachsen.
Wir wären nicht hier, wenn wir nicht glaubten, dass das Leben stärker als der Tod, die Liebe stärker als Hass, Unterdrückung, Ausrottung ist und bleiben wird.

Heute, fast 400 Jahre nach dem Tod Mary Wards lebt die Congregatio Jesu, die Gemeinschaft, die sie gegründet hat.
Eine Vision vor so langer Zeit, von Gott geschenkt, ist lebendig auf dem ganzen Erdkreis.

Leben mit Hindernissen – Leben in Fülle?!
Das Leben und Sterben dieser großen Frau macht deutlich, dass dies möglich ist.
Mary Ward kann uns Mut machen, immer wieder Gott zu suchen, wenn es scheinbar unüberwindliche Hindernisse gibt.
Im Blick auf Jesus konnte Petrus sogar auf dem Wasser gehen!
Gott suchen und finden in allen Dingen, sagt der Hl. Ignatius.
Bitten wir Gott, dass Er selbst uns immer wieder hilft, bei allem Unwägbaren unsere Hoffnung ganz auf Ihn zu setzen – und Ihn zu finden als den, der Leben in Fülle schenkt.

Amen.