Predigt zum 1. Fastensonntag A am 13. Februar 2005 |
Zum Evangelium: Mt. 4, 1 - 11 Autor. P.Heribert Graab S.J. |
So - nach diesem Evangelium wissen Sie nun auch, was „der Teufel" in einer Kirche sucht. Er scheute sich nicht im geringsten, den Herrn selbst in Versuchung zu führen. Um wieviel weniger wird er sich scheuen, auch mit uns als Christen anzubändeln. Er dringt ein in unser Herz, in unser Hirn. Er dingt ein in unsere Gemeinde. Er dringt ein in die ganze Kirche und treibt auch auf deren Leitungsetagen sein Unwesen. Die Versuchungen sind damals wie heute die gleichen: • den materiellen Gütern den Vorrang zu geben, • sich selbst in den Mittelpunkt zu rücken, • und Macht über andere zu gewinnen. Am liebsten wäre dem Versucher, möglichst unbemerkt zu bleiben. Ignatius von Loyola sagt in seinen Regeln zur Unterscheidung der Geister: „Der Feind (= der Teufel) verhält sich wie ein eitler Verliebter; er wünscht verborgen zu sein und nicht entdeckt zu werden. Denn wie dieser falsche Mensch, der sich an die Tochter eines guten Vaters oder an die Gattin eines guten Gatten heranmacht und sie zum Bösen überredet, den Wunsch hat, daß seine Worte und Einflüsterungen geheim bleiben, und es ihm sehr mißfällt, wenn die Tochter dem Vater oder die Gattin dem Gatten seine eitlen Worte und seine verkommene Absicht aufdeckt, weil er leicht begreift, daß er sein Vorhaben nicht mehr ausführen kann, ebenso wünscht und begehrt auch der Feind der menschlichen Natur, wenn er seine Listen und Einflüsterungen der gerechten Seele einflößt, daß diese im Geheimen empfangen und festgehalten werden." Also: Eine der wirksamsten Waffen gegen Satan ist es, ihn und sein geheimes Wirken an die Öffentlichkeit zu bringen und möglichst vielen Menschen bewußt zu machen. Genau darum geht es, wenn wir seinen Schattenriß hier in der Kirche an die Wand werfen. Protestieren Sie nicht dagegen, sondern lassen Sie sich anregen zu fragen: Wo ist dieser „Feind der menschlichen Natur" am Werke - in mir selbst, in dieser Gemeinde, in der Kirche und auch in unserer Stadt und in der Gesellschaft? Ich glaube, Ignatius hat recht: Wenn der Schattenriß des Teufels in unserer Kirche Sie alle und noch viele andere dazu bewegt, dieser Frage während der Fastenzeit immer wieder nachzugehen, dann paßt das dem dunklen Gesellen ganz und gar nicht in den Kram. Es ist „unmodern" geworden, vom „Teufel" oder vom „Satan" zu sprechen. Allenfalls macht man sich lustig über ihn. Wahrscheinlich liegt darin einer der größten Siege, die er in der Menschheitsgeschichte errungen hat. Wenn er nicht ernst genommen wird, kann er um so ungestörter seinem Geschäft nachgehen. Eins jedenfalls steht fest: Seit Adam und Eva, seit Kain und Abel gewinnt das Böse zunehmend an Einfluß in dieser Welt und multipliziert sich wie gefährliche Viren unter den Menschen. Schon wenige Generationen nach Kain legt die Bibel einem seiner Nachkommen - dem Lamech - die Worte in den Mund: „Einen Mann erschlage ich für eine Wunde und einen Knaben für eine Strieme. Wird Kain siebenfach gerächt, dann Lamech siebenundsiebzigfach." (Gen. 4,23 f). Wie ein dunkler Schatten legt sich die Bosheit über die Welt der Menschen. Lesen Sie doch die Zeitung und dann widersprechen Sie mir! Die Macht des Bösen erscheint vielen so ungeheuerlich, daß sie meinen, so viel Bosheit könne nicht vom Menschen allein kommen. Daher vermuten sie ein übermächtiges Wesen am Werk. Und das nennen sie „Teufel" oder „Satan". Man glaubt dann, auf ihn gehe letztlich alle Unordnung in der Welt zurück. Die Lehre vom „Teufel" ist auch in der Kirche umstritten. Im Glaubensbekenntnis kommt der Teufel nicht vor. Wohl wird er in der Bibel des öfteren genannt. Manche sehen in ihm ein wirkliches Wesen; andere ein anschauliches Symbol. „An den Teufel zu glauben" - das kann sogar gefährlich sein: Dann nämlich, wenn Menschen ihre eigene Verantwortung für das Böse verdrängen und ihre Schuld auf den Teufel abwälzen. Wie dem auch sei: Keiner von uns ist davor gefeit - auch die Kirche als ganze nicht - daß der Schatten des Bösen auch ihn trifft und für ihn zur Versuchung wird. Wir haben es gehört: Selbst Jesus war davon nicht ausgenommen. Diese Geschichte des Evangeliums sollte uns sehr nachdenklich und aufmerksam machen. Vor allem aber sollten wir auch aus diesem Evangelium die frohmachende Botschaft heraushören: Sie lädt uns ein und ermutigt uns, auf unsere eigene Widerstandskraft gegen die Macht des Bösen zu vertrauen. Diese Widerstandskraft ist ein Geschenk Gottes an uns - wie sie auch damals in der Wüste für Jesus ein Geschenk Gottes war: Gnade. In seinem ersten Korintherbrief schreibt Paulus: „Gott ist treu. Er wird nicht zulassen, daß ihr über eure Kraft hinaus versucht werdet. Er wird euch in der Versuchung einen Ausweg schaffen, so daß ihr bestehen könnt." (1.Kor. 10, 13). Werfen wir noch einmal einen Blick auf die Krippenszene: Aus der Weihnachtszeit ist uns die Stadt als eine in Licht getauchte und weithin leuchtende Stadt vertraut. Heute sind in dieser Stadt unter dem Schattenriß des Bösen „alle Lichter ausgegangen" - sie liegt im Dunkeln. Ein Hinweis darauf, was auch unserer Stadt und unserer Welt passiert, wenn Menschen der Macht des Bösen Raum geben. In Licht getaucht ist in unserer Krippenszene einzig die knieende Gestalt Jesu - weil Er einfach „Nein" sagt und damit Gottes Licht zum strahlen bringt. In Gottes Licht getaucht ist auch die Gestalt des auferstandenen Christus in der Darstellung des indischen Hungertuches. Er selbst wird zum „Licht, das jeden Menschen erleuchtet". (Joh. 1, 9). Wir alle leben in der Spannung zwischen dem dunklen Schatten, den die Macht der Finsternis auf der einen Seite wirft, und dem hellen Licht des Ostermorgens auf der anderen Seite. In dieser Fastenzeit sind wir eingeladen, uns auf den Weg zu machen dorthin: Zum Licht des auferstandenen Christus. Amen. |