Predigt zu Pfingsten 2003 
Thema: "Unser Gott - wie Feuer"
Schrifttext: Apg. 2, 1-11
Autor: P.Heribert Graab S.J.
So etwas darf eigentlich nicht passieren!
Auf merkwürdige Weise fliegen Türen auf!
Unkontrolliertes Chaos bricht aus!
Und dann auch noch Feuer!
Gut, daß die Betroffenen bedeutungslose Leute waren!
Stellen Sie sich vor,
Ähnliches passiere heute z.B. in Kroatien,
und der Papst auf seiner Reise durch dieses Land 
wäre betroffen.
Die Sicherheitsvorkehrungen sind zwar enorm;
aber wer kann‘s schon wissen.
Terrorismus lauert überall.
Nicht auszudenken,
was passieren würde,
ereignete sich am 8.Juni 2003 wirklich Pfingsten!

Unzählige Male spricht die Heilige Schrift von Gott
im vieldeutigen Bild des faszinierenden Feuers.
Nicht von ungefähr würde die explosive und vernichtende Kraft des Feuers
heute sehr schnell terroristische Assoziationen wecken.
Denken Sie etwa an die unvergeßlichen Bilder des 11. September
oder auch an die Bilder totbringenden Feuers auf Bali oder Djerba.

Dem entsprechen durchaus biblische Gottesbilder.
Im Blick auf das Gericht Gottes gegen die Frevler
taucht immer wieder das Bild vernichtenden Feuers auf: 
Schon „die Stimme des Herrn sprüht (dann) flammendes Feuer" (Ps. 29,7).
„Gott kommt, Feuer frißt vor Ihm her,
um Ihn stürmt es gewaltig." (Ps.50,3)
Beim Propheten Jesaja heißt es zum Beispiel:
„Ja, seht, der Herr kommt wie das Feuer heran,
wie der Sturm sind Seine Wagen,
um im glühenden Zorn Vergeltung zu üben,
und er droht mit feurigen Flammen.
Ja, mit Feuer und Schwert hält der Herr Gericht
über alle Sterblichen..." (Jes. 66,15 f).

Wir haben uns daran gewöhnt,
in Gott den „lieben Gott" zu sehen,
der „keiner Fliege etwas zu Leide tun kann";
durchaus im Sinne Jesu sprechen wir vom „barmherzigen und güten Vater" -
vergessen darüber jedoch,
daß Jesus selbst durchaus auch vom Gericht und vom Zorn Gottes spricht
und vom „ewigen Feuer", das diejenigen treffen wird,
die diese Welt zur Unmenschlichkeit verkommen lassen.
Auch der Gott und Vater Jesu Christi ist kein harmloser Gott!
Auch das Neue Testament sagt:
„Unser Gott ist ein verzehrendes Feuer." (Hebr.12,29).

Der Hebräerbrief sagt dies allerdings nicht in Furcht und Angst,
sondern in erhfurchtsvoller Scheu
im Hinblick auf die Verwandlung dieser Welt,
die wie im Feuer geschieht,
und im Hinblick auf das kommende Reich Gottes,
das uns durch Jesus Christus als eine unerschütterliche Wirklichkeit geschenkt ist.

So steckt schon in den Schriften des Ersten Testamentes
ehrfurchtsvolle Bewunderung:
„Du machst Dir die Winde zu Boten
und lodernde Feuer zu Deinen Dienern." (Ps.104,4)
Und Mose darf sich nur in tiefer Ehrfurcht und barfuß dem Herrn nahen,
der ihm im brennenden Dornbusch begegnet.

Die Erzählung von der Entrückung des Elija in den Himmel
verdeutlicht zudem, daß Menschen auf ihrem Weg zu Gott
selbst mit dem göttlichen Feuer in Berührung kommen
und wie Gold im Feuer geläutert werden:
Im Wirbelsturm fuhr Elija zum Himmel empor
und „mit einem feurigen Wagen mit feurigen Pferden". (2.Kön.2,11).

So lautet die Verheißung des Täufers Johannes auch:
Nach mir kommt einer, „der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen".

Mit einem harmlosen Gottesbild 
und mit einem Glauben, der keine Konsequenzen hat,
mit einem Glauben also, der „Privatsache" ist,
zu dem man sich bekennen kann oder auch nicht,
werden wir also in keiner Weise dem Zeugnis der Heiligen Schrift gerecht.

Ein harmloses Gottesbild und ein folgenloser Glaube
wird allerdings auch nichts in Bewegung setzen
und „keine Katze hinter dem Ofen hervorlocken".
Wir neigen dazu, in Straßengräben zu fahren:
Das furchterregende Gottesbild vergangener Zeiten,
das nicht wenige Menschen krank gemacht
und mit Angst erfüllt hat,
wurde abgelöst durch ein harmloses Gottesbild,
das niemanden zum Glauben motiviert.
Vielleicht liegt in dieser Entwicklung 
von einem Straßengraben in den nächsten
ja auch der Grund dafür, daß so viele Christen
sich vom Glauben abwenden 
und der Kirche Jesu Christi den Rücken kehren.

Wir singen heute:
„Der Geist des Herrn erfüllt das All
mit Sturm und Feuersgluten...
Der Geist des Herrn durchweht die Welt gewaltig und unbändig;
wohin Sein Feueratem fällt, wird Gottes Reich lebendig.
Da schreitet Christus durch die Zeit in seiner Kirche Pilgerkleid.
Gott lobend: Hallelluja."

Dies Pfingstfest könnte und sollte uns anregen,
dies nicht nur in einem begeisternden Lied zu singen.
Das Lied sollte uns vielmehr anstecken
mit diesem ehrfürchtigen und bewundernden Glauben voller Freude. 
Nur ein vom Feuer des Pfingstgeistes erfüllter Glaube
kann uns selbst wirklich zu überzeugten und glaubwürdigen Christen machen.
Nur erfüllt von diesem Pfingstgeist
können wir unsere Welt verändern.
Nur wenn wir von diesem feurigen Pfingstgeist erfüllt sind,
werden Menschen wieder auf uns Christen und auf die Kirche Jesu Christi schauen
und von uns Lebensorientierung und Zukunftsperspektiven erwarten.

Amen.