Predigt zum dritten Ostersonntag
Die Schriftlesungen des Sonntags, auf die die Predigt Bezug nimmt: 
Apg.3, 12a. 13-15. 17-19 / 1.Joh.2, 1-5a / Lk.24, 35-48 
Autor: P.Heribert Graab S.J.
 Gestern haben orthodoxe Christen hier in unserer Kirche 
 ihr Osterfest gefeiert. 
 Sie haben sich gegenseitig und auch mich begrüßt mit den Worten 
 „Christus ist auferstanden - 
 er ist wahrhaft auferstanden!" 

 Ich denke, das ist ein wunderschöner Gruß - 
 zumal wenn er mehr ist als eine traditionelle Grußformel: 
 Da bezeugen Menschen einander 
 ihren frohmachenden österlichen Glauben. 

 Um dieses Zeugnis geht es in diesen österlichen Tagen 
 auch immer wieder in den Lesungen unserer Liturgie: 
 „Gott hat Jesus, den Urheber des Lebens, von den Toten auferweckt. 
 Dafür sind wir Zeugen." 
 sagt Petrus in einer Rede an das ganze Volk. 
 Wir haben es in der Lesung aus der Apostelgeschichte gehört. 
 Und im Evangelium sagt Jesus selbst: 
 „Es steht in der Schrift: 
 Der Messias wird leiden 
 und am dritten Tag von den Toten auferstehen. 
 Ihr seid dafür Zeugen!" 

 Etwas bezeugen - das ist mehr als etwas mitteilen. 
 Als Zeuge stehe ich ein für das, was ich sage, 
 Als Zeuge stehe ich gerade für das, was ich sage. 
 Als Zeuge gebe ich so etwas wie eine Garantie für das, was ich sage. 
 Das setzt voraus, daß ich selbst wirklich überzeugt bin 
 und also glaubwürdig Zeugnis ablegen kann. 

 Die ersten Jünger Jesu konnten  
 die Ereignisse seines öffentlichen Lebens und seine Botschaft  
 bezeugen, weil sie selbst dabei waren, 
 weil sie selbst alles gesehen und gehört hatten. 
 Das Entscheidende aber, 
 die Osterbotschaft: 
 „Christus ist auferstanden - 
 er ist wahrhaft auferstanden!" 
 konnten auch sie nur bezeugen auf Grund ihres Glaubens, 
 auf Grund ihrer Glaubenserfahrung. 
 Das österliche und nachösterliche Sehen und Hören 
 hat eine ganz eine neue Qualität: 
 Es ist ein Sehen und Hören mit dem Herzen, 
 ein Sehen und Hören mit allen Sinnen des Glaubens. 

 Dieses gläubiges Sehen und Hören 
 und dementsprechend das Zeugnis des Glaubens 
 ist eine österliche Gabe des Geistes Gottes. 
 Leider bricht unser heutiges Evangelium ab mit dem 
 „Ihr seid Zeugen dafür." 
 Jesus fügt dem noch einen wesentlichen Satz hinzu: 
 „Ich werde die Gabe, die mein Vater verheißen hat, 
 zu euch herabsenden. Bleibt in der Stadt, 
 bis ihr mit der Kraft aus der Höhe erfüllt werdet." 
 Nach dem Bericht der Apostelgeschichte lauten diese Worte Jesu so: 
 „Ihr werdet die kraft des Heiligen Geistes empfangen, 
 der auf euch herabkommen wird. 
 Und ihr werdet meine Zeugen sein 
 in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien 
 und bis an die Grenzen der Erde." 

 So wird auch Paulus, der ja das Leben und Sterben Jesu 
 und auch den Ostermorgen nicht selbst erlebt hat, 
 zum geistbegabten Zeugen, für das, was er „gesehen und gehört" hat: 
 Nach seinem Damaskuserlebnis lautet Gottes Auftrag 
 durch den Mund des Hananias an ihn: 
 „Du sollst vor allen Menschen sein Zeuge werden für das,  
 was du gesehen und gehört hast." 

 Die zweite Lesung aus dem ersten Johannesbrief 
 bringt einen weiteren wichtigen Aspekt ins Spiel: 
 Zeugnis geben ist nicht nur eine Sache des Wortes. 
 Vielmehr geht es darum, Zeugnis zu geben „mit Hand und Fuß", 
 Zeugnis zu geben mit dem ganzen Leben, 
 Zeugnis zu geben mit einem Leben „nach den Geboten", 
 wie Johannes das ausdrückt.  
 Zeugnis geben also auch und gerade im Alltag! 

 Darüber lohnt sich Tag für Tag nachzudenken. 
 Diese wichtige Funktion des Nachdenkens 
 über den zeugnischarakter unseres Lebens als Christen 
 hat in der christlichen Tradition die Gewissenserforschung. 
 Sie könnte uns täglich vor die Frage stellen: 
 Wie könnte ich in dieser oder jener Situation, 
 vor die mich dieser Tag stellt, 
 Zeugnis geben von der Auferstehung Jesu Christi? 
 Was heißt das hier und jetzt konkret: 
 „Christus ist auferstanden. 
 Er ist wahrhaft auferstanden."? 

 Ganz allgemein läßt sich zum Beispiel sagen: 
 Dort, wo Menschen in Not und Gefahr leben, 
 müssen wir als Christen Zeugnis  
 von unserem österlichen Glauben geben und helfen - 
 uns also in den Dienst des Lebens stellen. 
 Schon konkreter wird das etwa, 
 wenn wir in unserer Umgebung mit unterschiedlichen Formen 
 von Gewalt konfrontiert sind: 
 Gewalt von Kindern und Jugendlichen in Familie und Schule, 
 Gewalt gegen Menschen oder auch Sachen in Bussen oder auf der Straße, 
 Gewalt von Mobbing im Betrieb. 
 Gewalt steht immer auf der Seite der Todesmächte. 
 Christliches Zeugnis für das Leben, 
 christliches Zeugnis für einen österlichen Glauben 
 kann also nicht einfach wegsehen, 
 kann nicht einfach sagen: 
 Das geht mich nichts an, 
 sollen doch andere zusehen. 
 Christliches Zeugnis kann auch nicht darauf verweisen, 
 es gebe doch andere „Zuständige" - 
 die Polizei etwa, oder die Lehrer, oder den Betriebsrat. 
 Christliches Zeugnis heißt vielmehr, 
 selbst das zu tun, was in der konkreten Situation 
 not-wendig und möglich ist 
 im Dienste eines wirklich lebenswerten Lebens, 
 im Dienste einer menschlicheren Welt. 

 Nur so bekommt das österliche Bekenntnis 
 „Christus ist auferstanden, 
 er ist wahrhaft auferstanden!" 
 Hand und Fuß. 

 Amen.