Predigt zum Fest der Erscheinung des Herrn
Evangelium: Mt. 2, 1 - 12
Autor: P. Heribert Graab S.J.
Fest der Erscheinung des Herrn - sagt die Kirche.
Fest der Heiligen Drei Könige - sagen die Kölner.
Sie haben allen Grund dazu:
Schließlich haben die Heiligen drei Könige
Wesentliches dazu beigetragen, Köln in der Vergangenheit
zu einem der bedeutendsten Wallfahrtsorte
der Christenheit zu machen -
nach Jerusalem, Rom und Santiago de Compostella.
Allein diese Tatsache hat enorm viel Geld in unsere Stadt gespült.

Auch heute noch ist der Kölner Dom
die meistbesuchte Sehenswürdigkeit Deutschlands:
Jährlich werden sechs Millionen Besucher aus aller Welt gezählt.
Und längst nicht alle kommen
wegen des einmalig schönen gotischen Bauwerkes
oder wegen des Weltkulturerbes der UNESCO.
Unzählige Menschen kommen auch heute
wegen des Dreikönigsschreins
und wegen der Botschaft des Sterns von Bethlehem,
dem die Könige, bzw. die ‘Weisen aus dem Morgenland’
damals gefolgt sind, um dem Kind in der Krippe zu huldigen,
der ‘Erscheinung des Herrn’ in dieser Welt.

Man kann nicht sagen, die Kölner seien dafür dankbar:
Bis in die 60-er Jahre des vorigen Jahrhunderts hatten
wenigstens die Kölner Schulkinder am 6. Januar noch schulfrei -
ein letzter Rest des Festes der Stadtpatrone.
Davon ist in der städtischen Öffentlichkeit nichts mehr geblieben.
Säkularisation und Geschichtslosigkeit
haben auch im ‘Heiligen Köln’ gedankenlos zugeschlagen.

Im Blick auf das heutige Evangelium
ist diese Entwicklung allerdings nicht nur überraschend.
Schließlich berichtet bereits Matthäus,
wie sehr die Huldigung für den ‘neugeborenen König’
dem Herodes und den Einflußreichen seiner Zeit
gegen den Strich ging.
Die Wallfahrt der ‘Weisen aus dem Morgenland’ nach Bethlehem
führte letztendlich sogar zum Mord an unschuldigen Kindern,
um die Botschaft des Sterns
und die mögliche Erfüllung der alten Verheißungen
von vornherein mit Stumpf und Stiel auszurotten.

Das schlug zwar für den Augenblick fehl;
aber einige Jahre später gelang es den gleichen Kreisen,
den inzwischen erwachsenen ‘König der Juden’ und der ganzen Welt
ans Kreuz zu bringen.
Gewiß ging damit Seine Botschaft der Liebe,
des Friedens und der Gerechtigkeit keineswegs unter -
ganz im Gegenteil:
Sie verbreitete sich wie ein Lauffeuer rund um den Erdball.
Wohl aber sahen sich all diejenigen,
die in den folgenden Jahrhunderten
konsequent für diese Botschaft eintraten,
immer wieder rücksichtslosen Verfolgungen ausgesetzt.
Allein im vergangenen Jahr 2012 sind etwa 105.000 Christen
um ihres Glaubens willen umgebracht worden!
Im Stillen denken wir:
Das ist schlimm! Aber auch weit weg von hier!
Und doch gibt es da einen Zusammenhang:
Der besteht in unserer Gleichgültigkeit.
Wenigstens entfernt ist unsere Gleichgültigkeit
mitursächlich für für Christenverfolgungen irgendwo auf der Welt.
Und deutlich unmittelbarer ist diese Gleichgültigkeit
auch eine Ursache für die fortschreitende Distanzierung
der sogenannten christlichen Welt vom christlichen Glauben.

Was tun?
Vielleicht sollten wir es den ‘Heiligen Drei Königen’gleichtun:
Ausschau halten nach dem Stern von Bethlehem heute
und seine Leuchtkraft neu entdecken.
Auch im Zeitalter von Navigationsgeräten
brauchen wir Sterne zur Orientierung.
Es gibt unzählige davon:
Auf den Bannern von Staaten,
auf den Schulterklappen von Generälen
und nicht zuletzt der Mercedesstern
als Symbol eines ganzen Wirtschaftssystems.

Schon die Menschen biblischer Zeit wußten allerdings auch,
daß Sterne schnell aufleuchten
und noch schneller wieder verglühen.
Israel hatte in seiner Geschichte
geradezu traumatische Erfahrungen gemacht
mit solchen aufsteigenden und wieder fallenden Sternen:
Die alten Weissagungen des Jesaja wußten z.B.
um den Untergang und die Vergänglichkeit
von Großmächten nach der Art Babylons:
„Wie bist du vom Himmel gestürzt, du strahlender Morgenstern!“

Matthäus kennt auch die Verheißung des Sehers Bileam:
„Ein Stern wird aufgehen aus Jakob.“ (Num. 24,17)
Zur Zeit des Matthäus war Babylon, das Reich im Osten,
schon längst zur Wüste geworden.
Und genau von dort - aus der Wüste -
läßt er die Sterndeuter kommen,
auf der Suche nach dem neuen Morgenstern,
der endlich der Welt wahres Licht und ewiges Heil schenken wird.
Dieser neue Morgenstern ist nicht mehr
dem wechselnden Aufgang und Untergang unterworfen.
Sein Licht ist beständig
schenkt auf Dauer Orientierung -
Orientierung für mein persönliches Leben
und für das Leben der Welt.

Als die Weisen diesen leuchtenden Stern
endlich fanden und ihm folgten, geschah in ihnen etwas,
was nach den Worten des zweiten Petrusbriefes
auch in uns geschehen soll, wenn wir heute
dieses Fest der Erscheinung des Herrn feiern:
„Der Morgenstern geht auf in euren Herzen.“ (2.Petr. 1,19)

Daß dies geschieht, wünsche ich heute,
am Fest der Erscheinung des Herrn,
uns allen und allen Menschen und zumal denen,
die in unserer Zeit Macht und Einfluß haben.
Dann wird aller Welt sichtbar werden:
Der Stern von Bethlehem
ist der Stern des Friedens, der Gerechtigkeit und der Liebe Gottes.

Amen.