Predigt in der Christmette 2001
P.Heribert Graab S.J.
Viele Menschen haben heute abend einander beschenkt.
Und für viele von uns, sind diese Geschenke
Ausdruck weihnachtlicher Freude
und zwischenmenschlicher Zuneigung und Liebe.
Wer recht zu schenken versteht,
verschenkt letzten Endes sich selbst.
Das ist Weihnachten!
Wir feiern, daß Gott selbst sich an uns verschenkt -
auch heute in unserer Zeit.

Wir haben für diesen Tag unsere Kirche weihnachtlich geschmückt.
Das warme Licht der Kerzen geht uns zu Herzen.
Über allem diese wunderschöne Weihnachtskrippe.
Sie erzählt in Bildern das letztendlich unfaßbare Geschehen dieser heiligen Nacht.
Sie weckt in uns Kindheitserinnerungen
und rührt an unsere Gefühle.
Und das tun auch die Lieder, die wir in dieser Nacht singen -
nicht zuletzt das Lied aller Weihnachtslieder schlechthin,
das „Stille Nacht. Heilige Nacht",
mit dem gleich unsere Christmette ausklingt.

Auch das ist Weihnachten!
Was in dieser Nacht geschieht, berührt den ganzen Menschen
und darf und soll auch Emotionen wecken.
Fürwahr ereignet sich in dieser Nacht Bewegendes!
Gott läßt uns in all der Trostlosigkeit unserer Welt nicht allein.
Er greift nicht ein mit Donner und Blitz
und furchterregender Gerechtigkeit.
Er läßt sich vielmehr ein auf unser Leben
und wird selbst ein verletzlicher Mensch.
Er wird ein wehrloses Kind in einer kinderfeindlichen Welt.
Er offenbart seine Menschenfreundlichkeit
in einer menschenverachtenden Welt.

So weckt Weihnachten mehr als jeder andere Tag des Jahres
Empfindungen verschüttet geglaubter Menschlichkeit.
Entscheidend allerdings kommt es darauf an,
daß diese Empfindungen nicht in Rührseligkeit untergehen.
Der weihnachtliche Funke „Mitmenschlichkeit"
sollte vielmehr unzählige Feuer der Liebe entzünden
und übergreifen auf den Alltag,
der auch auf dieses Weihnachtsfest wieder folgen wird.

Um Strohfeuer zu vermeiden,
ist es gut, genau hinzuhören auf die Botschaft der Engel:
„Ich verkünde euch große Freude:
Heute ist euch der Retter geboren - Christus, der Herr!"
Christus - der Herr auch unseres Lebens!
Immanuel - Gott mit uns!
Dann aber auch umgekehrt: Wir mit Ihm!
Weihnachten feiern, das heißt: 
Sich auf Ihn einlassen.
Sich an Ihm und seiner Menschlichkeit orientieren.
Ihn und Seine Botschaft als Richtungsweiser unseres Lebens anerkennen.

Und auch dies gehört zur Weihnachtsbotschaft der Engel:
„Verherrlicht ist Gott in der Höhe,
und Friede ist auf Erden bei den Menschen Seiner Huld."
Es mag heute vielfach auf Unverständnis stoßen,
aber es bleibt eine unverrückbare Wahrheit:
Ein lebendiger Glaube und die Verherrlichung Gottes
ist die Kehrseite jenes wahren Friedens,
nach dem sich Menschen überall auf der Welt sehen -
ob in Bethlehem, in New York oder in Kabul;
oder auch in einer friedlosen Ehe und Familie hier in Göttingen.
Letztlich ist Friede nicht zu haben ohne den Glauben an Gott.
Letztlich kann die Herrschaft von Menschen über Menschen,
die immer in Gefahr ist, 
zum Terrorismus des einen über den anderen zu werden,
nur überwunden werden,
indem wir uns klein machen wie ein Kind
vor Gott und seiner „Herrschaft" der Liebe.

Amen.