Predigt zur Auferstehungsmesse für Beatrix Kempa
am 5. Juni 2013 in der Propsteikirche zu Wassenberg
Lesung: Sir. 2,5-11
Evangelium:
Joh. 14,1-6
Autor: P.Heribert Graab S.J.
„In Deine Hände lege ich voll Vertrauen meinen Geist…
Herr, Du treuer Gott.“
Dieser Psalmvers ist sozusagen das Leitmotiv
dieser Auferstehungsmesse für Beatrix Kempa.
Sie finden den Vers auf der Todesanzeige
und Sie finden den Vers auch auf dem Gedenkbildchen.
Die Kernaussage der Lesung lautet:
„Vertrau auf Gott, Er wird dir helfen;
Hoffe auf Ihn, Er wird deine Wege ebnen.“
Jesus sagt im Evangelium:
„Glaubt an Gott, und glaubt an mich!“
Er bringt damit genau dies zum Ausdruck:
„Setzt euer ganzes Vertrauen auf Gott,
und vertraut auch auf mich!“

Sie alle werden Menschen kennen,
die ein solches Vertrauen nicht aufbringen können.
Vielleicht zählen Sie sich auch manchmal dazu,
wenn Sie mit einer unheilbaren Krankheit
von lieben Angehörigen oder Freunden konfrontiert sind,
wenn kaum zu ertragendes Leid Sie selbst heimsucht,
und erst recht wenn‘s ans Sterben geht.

Jesus Sirach stellt dagegen die rhetorische Frage:
„Wer hat auf den Herrn vertraut
und ist dabei zuschanden geworden?
Wer hoffte auf Ihn und wurde verlassen?
Wer rief Ihn an, und Er erhörte ihn nicht?“

Beatrix Kempa hat während all der vielen Jahre ihrer Krankheit
auf den Herrn vertraut und auf Ihn ihre Hoffnung gesetzt –
obwohl auch sie dem Zweifel manchmal näher war
als einem vertrauenden Glauben.
Wurde sie enttäuscht?

Wenigstens zeitweise hat sie wohl
auf das ‚Wunder‘ der Heilung gehofft oder doch wenigstens darauf,
wieder ein selbständiges Leben führen zu können.
Sie mußte sich jedoch schmerzlich damit abfinden,
daß Menschen, die um Wunder beten,
in aller Regel keine Wunder erfahren.
War ihr Beten also vergeblich?

Ich bin überzeugt, ihr Beten war nicht vergeblich!
Im vertrauenden Beten hat Beatrix die Kraft gefunden,
das Untragbare zu ertragen.
Gott wirkt keine medizinischen ‚Wunder‘ -
auch wenn es hier und da für uns unerklärliche Heilungen gibt.
Wohl aber glaube ich,
daß Gott uns Kraft, Geduld, Mut und Hoffnung schenkt –
in einem Maße, das wir uns selbst nie zugetraut hätten.
Auch diese ‚Gnade‘ kann man durchaus ein ‚Wunder‘ nennen.
Die Tatsache, daß immer wieder Menschen in Gott
die Quelle von Kraft, Hoffnung und Mut suchen und finden,
könnte uns sogar am ehesten davon überzeugen, daß es Ihn gibt.

Ich denke, noch ein zweiter Gesichtspunkt war für Beatrix wichtig.
Sie hat im Gebet die Erfahrung gemacht, nicht allein zu sein –
und das in einem doppelten Sinn:
Im Gebet konnte sie – wenigstens hier und da – Gottes Nähe spüren.
Im Gebet wußte sie sich zugleich mit Menschen verbunden,
die ihr wichtig waren.
Diese doppelte Verbundenheit mit Gott und mit Menschen
läßt Vertrauen wachsen und wird zu einer Kraftquelle,
die wir gerade in schwerer Krankheit
und unter dem Eindruck des andrängenden Todes brauchen.

Schließlich gehe ich davon aus,
daß Beatrix das Wort Jesu
„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“
nicht nur kannte, sondern gläubig darauf vertraute.
Jesus selbst geht unseren Weg
durch die dunkle Nacht von Leid und Tod mit uns.
Auf diesem Weg geht Er uns voraus
in das helle Licht des Ostermorgens.
So wird Er in Tod und Auferstehung zum Weg schlechthin
und zum Leben, das kein Leid und keinen Tod mehr kennt.
Dieser Weg führt unmittelbar in jene Zukunft Gottes,
die auch unsere Zukunft ist,
die im Neuen Testament „Reich Gottes“, „Stadt Gottes“
oder auch „das neue Jerusalem“ genannt wird.
Von dieser Zukunft Gottes
heißt es in der Offenbarung des Johannes:
„Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen:
Der Tod wird nicht mehr sein,
keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal.
Denn was früher war, ist vergangen. 
Er, der auf dem Thron saß, sprach:
Seht, ich mache alles neu.“ (Offb. 21, 4-5)

Diese Zukunft Gottes nehmen wir schon vorweg und feiern wir
in der Eucharistie, in diesem Mahl mit Brot und Wein,
zu dem der Herr uns auch jetzt wieder einlädt:
Mit Ihm und auch mit Beatrix feiern wir heute
ihre Auferstehungsmesse.

Amen.