Predigt zum 2. Sonntag im Jahreskreis (C)
am 17. Januar 2010
Thema: "Unsichtbares sichtbar machen"
Zur Ausstellung der Künstlergruppe Lab[au] in der Kunststation Sankt Peter.
Autor: P.Heribert Graab S.J.
Unsichtbares sichtbar zu machen -
darum geht es seit eh und je in Werken der Kunst.

Unsichtbares sichtbar zu machen -
das ist auch ein Anliegen der Künstlergruppe Lab[au]
mit den augenblicklich in Sankt Peter ausgestellten Installationen.

Die Installation der vier Aquarien in der Taufkapelle
macht die Kommunikation der von Natur blinden Fische
durch unsichtbare elektrische Impulse
sichtbar und hörbar.



Diese digitale Visualisierung in Licht- und Toneffekten
vollzieht sich im Bereich endlicher und kontingenter Wirklichkeit.
Durch die Wahl der Taufkapelle für diese Installation
öffnet sich allerdings - jedenfalls für gläubige Menschen -
der Blick auf die ewige und transzendente Wirklichkeit
des göttlichen Bereichs:
Vordergründig geht es da um die Analogie des Wassers
als Lebensraum für die Fische
und als “Wasser göttlichen Lebens”,
in das wir durch die Taufe eingetaucht werden.

Darüber hinaus jedoch rufen
die sichtbar und hörbar gemachten elektrischen Impulse
ein weithin bekanntes Bild christlicher Kunsttradition in Erinnerung:
Bei der Erschaffung des Adam
in Michelangelos Deckengemälde der Sixtinischen Kapelle
scheint “von Fingerspitze zu Fingerspitze”
ein Lebensimpuls vom Schöpfer auf den ersten Menschen überzuspringen -
wie eine Entladung von Elektrizität.

Auch die große Installation im Kirchenschiff
macht Unsichtbares sichtbar:
Digitale Komputer-Algorithmen werden übertragen
in Bewegung, sowie in Licht- und Farbspiele der Modulwand.
Eine Koppelung mit der Orgel von Sankt Peter
macht zudem hörbar, was sich da unsichtbar und unhörbar abspielt.



Da werden unsichtbare Naturgesetze wahrnehmbar gemacht -
allerdings wiederum ausschließlich im Bereich
endlicher und kontingenter Wirklichkeit.
Auch hier ist es der  O r t ,  nämlich der Raum der Kirche,
der die Frage nach einer möglichen Sichtbarkeit
transzendenter, göttlicher Wirklichkeit aufwirft.

Die alten Gemälde und Glasmalereien aus christlicher Tradition
bringen unmittelbar, wenn auch in einer analogen Symbolsprache,
transzendente Glaubenswirklichkeiten ins Bild.

Anders die Installationen von Lab[au]:
Indem sie “Geheimnisse” von Natur und Technik
sichtbar und hörbar machen,
lehren sie den Betrachter das Staunen,
das der Anfang aller Weisheit und auch des Glaubens ist.
Als gläubigen Betrachter animieren sie mich,
bewundernd einzustimmen in den “Lobgesang der drei jungen Männer”
des biblischen Danielbuches (Dan. 3,51-90):

Preiset den Herrn, all ihr Geheimnisse Seiner Schöpfung.
Preiset den Herrn, all ihr Menschen,
    denen Er die Gabe geschenkt hat,
    diese Geheimnisse zu entschlüsseln.

Preiset den Herrn, all ihr bewundernswerten Werke
    menschlicher Technik.
Preiset den Herrn, all ihr elektrischen Impulse und Digitalsignale.
Preiset den Herrn, all ihr kybernetischen und virtuellen Räume.

Amen