Predigt zum
Fest der Darstellung des Herrn am Sonntag, 2. Februar 2020 ('A') |
Evangelium: Lk. 2, 22-40 Autor: P. Heribert Graab SJ |
Lukas legt in seinem Evangelium Wert darauf zu betonen: Bei der Geburt Jesu haben sich Seine leiblichen Eltern strikt an das Gesetz des Herrn und damit an die Traditionen Israels gehalten. • Seine Mutter hielt sich, wie üblich, nach der Geburt an die vierzig Tage der ‚Reinigung‘. • Wie in der Thora vorgesehen, wurde Jesus zugleich als der Erstgeborene dem Herrn in Seinem Tempel geweiht, • und seine Eltern brachten das übliche Weiheopfer dar. Jesus wurde also hineingeboren in eine rechtgläubige, jüdische Familie und wurde selbst von Anfang an zu einem vollwertigen Glied des Volkes Israel. Schon früh wurde in der Christenheit dieser 40. Tag nach Weihnachten unter den verschiedenen, genannten Aspekten als ein Fest gefeiert: • als „Darstellung des Herrn“: Der erste Einzug Jesu in Seine Stadt, in den Tempel Gottes. Dieser Einzug wurde bald schon mit festlichen Lichterprozessionen begangen. • als „Fest der Begegnung“: Seiner ersten Begegnung mit Gottes Volk - vertreten vor allem durch Simeon und Hannah. • im Westen wurde dieser Tag etwas später vor allem als „Fest der Reinigung Marias“ gefeiert. • Und aus der Verbindung dieses Festgedankens mit dem älteren Brauch der Lichterprozession wurde dann das „Fest Mariä Lichtmeß“. Gerne möchte ich heute mit einigen Überlegungen und Anregungen den ostkirchlichen Festgedanken der „Begegnung“ ein wenig entfalten: 1. Da steht im Vordergrund der Gedanke der Begegnung mit zwei hochbetagten Menschen, Simeon und Hannah, die stellvertretend für das ganze Volk Gottes stehen: Sie haben ein Leben lang im Vertrauen auf Gottes Verheißung die ersehnte Ankunft des Messias erwartet. Mehr und mehr verdichtete sich für sie die Erwartung des Messias in eine tief verwurzelte Hoffnung auf Sein Kommen schon während ihrer eigenen Lebenszeit. Der greise Simeon bringt diese Hoffnung mit seinem Lobpreislied unübertroffen zum Ausdruck: „Nun läßt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel.“ Wie Simeon und Hannah ein Leben lang sehnsüchtig auf das Kommen des verheißenen Messias gewartet haben und nun ihre Hoffnung erfüllt sehen, so hat das Volk Gottes während seiner ganzen Geschichte auf die Erfüllung der Verheißung gewartet. Diesem Volk als Ganzem begegnet Jesus stellvertretend in diesen beiden gläubigen Menschen Simeon und Hannah. 2. Nicht nur Seinem Volk und gläubigen Menschen begegnet heute der Herr: Er begegnet auch und sogar in erster Linie den ‚Institutionen‘ dieses Volkes, das selbstverständlich wie jeder gesellschaftliche Zusammenschluß von Menschen Gesetze, Regeln und Ordnungen, Traditionen und auch Ämter kennt. Er kommt zum ersten Mal in den Tempel, der diese Institution repräsentiert. Er begegnet dem Priester, der die traditionellen Riten rund um die Geburt eines Kindes vollzieht. Er fügt sich ganz selbstverständlich ein in dieses institutionelle System, an dem Er sich später oft genug reiben wird, das Ihn schließlich sogar dem Kreuzestod ausliefert, dem Er jedoch bei aller offenen und oft auch sehr harten Kritik niemals den Rücken kehren wird! 3. Für Maria, diese junge und sehr sensible jüdische Mutter, hat dieser Tag nicht nur lichtvolle Seiten; vielmehr wird er jetzt schon auch zu einer Begegnung mit der dunklen Wirklichkeit im Leben Jesu und in ihrem eigenen Leben: „Simeon segnete Maria, die Mutter Jesu, und sagte zu ihr: Dieser ist dazu bestimmt, daß in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird… Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen.“ So sehr auch wir vor allem auf die frohmachenden Aspekte unseres Glaubens und unseres Lebens schauen und uns daran erfreuen sollten, so sehr brauchen auch wir die innere Bereitschaft, wie Maria und wie Jesus selbst die dunklen Seiten - z.B. in unserer Kirche - anzunehmen, sie aus dem Geist des Evangeliums und mit Gottes Kraft zu verwandeln, und gegebenenfalls auch Ja zu sagen zum Kreuz Jesu Christi, das wir manchmal einfach mit Ihm tragen müssen. 4. Schließlich lädt uns das Fest der Begegnung ein, Ihm, der das Licht der Welt und auch unseres Lebens ist, immer wieder und so oft, wie nur irgend möglich, selbst zu begegnen. Er selbst lädt uns auch heute wieder zu Seinem Mahl mit Brot und Wein ein. Wir feiern dieses Mahl als ein frohmachendes Fest der Begegnung mit Ihm und untereinander. In einem unsrer Hochgebete bitten wir den Vater im Himmel: „Schau gütig auf die Gabe deiner Kirche, und gib, daß wir im Geist deiner Liebe für immer verbunden bleiben mit ihm und untereinander.“ Mit Ihm und untereinander verbunden bleiben - das bildet untrennbar eine Einheit. Leben wir diese Verbundenheit in den vielen Begegnungen des Alltags! In all diesen Begegnungen begegnen wir immer auch Ihm. All diese Begegnungen können Lichtblicke sein in unserem Leben. All diese Begegnungen sind ein Geschenk, das sich zu feiern lohnt. Gehen wir mit einer offenen und erwartungsfrohen Grundhaltung durch unser tägliches Leben, damit wir in allem und zumal in allen zwischenmenschlichen Begegnungen Gott selbst finden und Ihm begegnen. Amen. |