Predigt zum
zweiten Sonntag im Jahreskreis A |
Lesung: Jes. 49, 3.5-6 Evangelium: Joh. 2, 1-11 (aus dem Lesejahr C) Autor: P.Heribert Graab S.J. |
Es ist mehr als bloße weihnachtliche Romantik, wenn in vielen Kirchen die Weihnachtskrippen auch Wochen nach dem offiziellen Ende der Weihnachtszeit noch stehen bleiben. Die Botschaft des weihnachtlichen Festkreises strahlt hinein in den Alltag des Jahreskreises. Und das ist der Kern der Weihnachtsbotschaft: „Erschienen ist die Güte und Menschenfreundlichkeit unseres Gottes.“ Erscheinung des Herrn: In Seiner Menschwerdung mitten unter uns und in den großartigen Zeichen Seines menschlichen Lebens offenbart sich Gottes Herrlichkeit. Die Botschaft der Engel auf den Hirtenfeldern zu Bethlehem „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden“ - Offenbarung der Herrlichkeit und Menschenfreundlichkeit Gottes. Das wegweisende und orientierende Licht des Sterns der Weisen - Offenbarung der Herrlichkeit und Menschenfreundlichkeit Gottes. Der Geist Gottes und die Stimme aus dem Himmel über der Taufszene im Jordan - Offenbarung der Herrlichkeit und Menschenfreundlichkeit Gottes. Wo aber und wie geschieht Offenbarung der Herrlichkeit und Menschenfreundlichkeit Gottes heute und in unserem Alltag? Eine Antwort auf diese Frage gibt zunächst einmal das Evangelium der Hochzeit zu Kana, das seit uralten Zeiten zum Fest der ‚Erscheinung des Herrn‘ gehört: Indem Jesus in der konkreten Notlage der Hochzeitsgesellschaft Wasser in Wein verwandelte, „tat Er sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn.“ Für mich ist das eine ganz zentrale Botschaft unseres Glaubens: Jesus offenbart Seine Herrlichkeit gerade durch ein Zeichen Seiner Menschenfreundlichkeit, indem Er ein fröhliches Fest möglich macht - der ‚Katastrophenmeldung‘ zum Trotz: „Herr, sie haben keinen Wein mehr!“ Es geht in der Nachfolge Jesu nicht nur um eine geistliche Freude, sondern zunächst einmal um eine ganz ‚weltliche‘, ja sogar ‚weinselige‘ Freude in festlicher Gemeinschaft. Auf diesem Hintergrund würde Jesus für die Kölner gegebenenfalls sogar zum Karneval einen konstruktiven Beitrag leisten. Mir scheint, das gilt auch heute: Wo wir als Christen und als Kirche Jesu Christi uns engagieren im Dienst unbeschwerter Freude von Menschen dort kann die Herrlichkeit und Menschenfreundlichkeit Gottes für Menschen unserer Zeit erfahrbar werden. Das Johannes-Evangelium schließt mit der Feststellung: „Wenn man alles, (d.h. alle Zeichen,) aufschreiben wollte, (die Jesus gewirkt hat,) so könnte, wie ich glaube, die ganze Welt die Bücher nicht fassen, die man schreiben müßte.“ (Joh. 21, 25) Erinnern wir uns wenigstens an einige Seiner ‚Zeichen‘ der Herrlichkeit und Menschenfreundlichkeit Gottes: • Erinnern wir uns an die unzähligen Kranken, Behinderten und psychisch Belasteten, die Er geheilt hat; • erinnern wir uns an die vielen Außenseiter, an die gesellschaftlich Isolierten, an die von allen Verachteten und Ausgestoßenen - Er hat sich ihnen zugewandt und sie zurückgeholt in die Mitte der Gemeinschaft; • erinnern wir uns auch an die quirligen und schreienden Kinder, die selbst Seine Jünger von Ihm fernhalten wollten - Er läßt sie nicht nur gewähren, sondern lädt sie in Seine Nähe ein, „denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes.“ (Mk.10,14) Man muß sich nur ein wenig in die Evangelien vertiefen, um eine Antwort zu erhalten auf die Frage, wo heute ‚Zeichen‘ der Herrlichkeit und Menschenfreundlichkeit Gottes zu entdecken sind - anders ausgedrückt: Wo Reich Gottes heute schon erfahrbar wird - und wo und wie wir selbst unseren Beitrag dazu leisten können. Eine von den Heilungsgeschichten Jesu möchte ich hervorheben: Sie kennen die Erzählung von jenem Gelähmten, den seine Freunde nicht zu Jesus bringen konnten, weil der von einer undurchdringlichen Menschenfülle umgeben war. Sie deckten einfach dort, wo Jesus war, das Dach ab und ließen den Gelähmten auf seiner Tragbahre durch die Öffnung hinab.“ (Mk. 2,4) Diesem Gelähmten sagt Jesus, bevor Er ihn von seinem Gebrechen heilt: „Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!“ Manch einer von uns kann möglicherweise mit dieser Sündenvergebung so wenig anfangen, wie die Schriftgelehrten damals. Und doch: Ist es nicht gerade ein ‚Zeichen‘ der Herrlichkeit und der Menschenfreundlichkeit Gottes, daß Jesus diesen Menschen umfassend und ganzheitlich von allem befreit, was ihn belastet - nicht nur körperlich, sondern wahrscheinlich mehr noch in seinem eigenen Inneren und vor allem in seinen Beziehungen? Zeichen der Herrlichkeit und der Menschenfreundlichkeit Gottes ist auch heute alles, was innerlich und äußerlich frei macht, was mir erlaubt, unbelastet einfach ‚Ich selbst‘ zu sein im Kreis von Menschen, die mich gern haben. Das ist genau das, was uns Papst Franziskus mit diesem ganzen ‚Jahr der Barmherzigkeit‘ ans Herz legen wollte. Wir brauchen dringend für unser Zusammenleben als Menschen diese Barmherzigkeit und nicht zuletzt die Bereitschaft, einander zu vergeben. Wie ein roter Faden zieht sich diese Barmherzigkeit und das Motiv der Vergebung als Zeichen der Herrlichkeit und der Menschenfreundlichkeit Gottes durch das Leben Jesu. Johannes der Täufer stellt diese Barmherzigkeit Jesu in den Mittelpunkt seiner Charakterisierung des Messias, wenn er auf Ihn hinweist mit den Worten: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt.“ Entdecken wir also in dieser Welt und in unserem eigenen Leben Tag für Tag die vielfältigen Zeichen der Herrlichkeit und der Menschenfreundlichkeit Gottes und leben wir unseren Glauben, indem wir selbst immer wieder solche Zeichen setzen. Amen. |