Die Gottesmutter Maria, der mit dem Oktober und dem Mai
sogar zwei Monate des Kalenderjahres gewidmet sind,
spielt in Sankt Michael eine traditionell wichtige Rolle.
Wie wichtig Maria für die vielen Betenden dieser Citykirche ist,
kann man besonders in der Marienkapelle feststellen.
Der Mailaltar dieses Jahres soll das ein wenig sichtbar machen –
er ist sehr ungewöhnlich.
Er bringt zum Ausdruck, welche Wertschätzung
die Gläubigen und vielleicht auch nicht ganz so Gläubigen
der Marien-Ikone von Sankt Michael entgegenbringen.

Vielleicht kann eine kleine Statistik dies verdeutlichen:

a) Zu den Füßen der Madonna des Maialtares liegen
die Kerzenteelichter der vergangenen 14 Monate aus der Marienkapelle!
Keiner hat sie gezählt – es sind einfach zu viele!
Wenn wir einigermassen realistisch davon ausgehen,
dass pro Tag etwa 200 Teelichter angezündet wurden,
dann lägen vorne am Maialtar insgesamt 84 000 Teelichter.
Auf ein Jahr heruntergerechnet wären das 73 000 Lichter pro Jahr.

b) Aber es werden ja nicht nur Lichter angezündet.
Wenn zu jeder Kerze auch nur ein einziges Gebet gesprochen wurde,
dann stehen diese Lichter für 73 000 Gebete.
Auch wenn Zahlen allein nur wenig bedeuten,
liegt es doch nahe zu vermuten:
Diese Kapelle ist ein Ort intnesiven Betens.

c) Nicht nur leere Kerzenhülsen schmücken den Maialtar,
sondern mittendrin Vasen mit vielen bunten, zusammengerollten Zetteln.
Auf diesen Zetteln stehen kurze Gebete, die Beterinnen und Beter
im Laufe der Zeit aufgeschrieben
und in die 'Klagemauer' an der Marien-Ikone gesteckt haben.
Viele dieser Gebete sind in fremden Sprachen geschrieben,
manche in holprigem Deutsch, und manche auch mit vielen grammatikalischen Fehlern.
Manchmal kann man eine alte, zittrige Hand vermuten,
und manchmal dürfte es sich auch
um die unbeholfene Schrift eines Kindes der ersten Klasse handeln.

Die Vasen am Maialtar enthalten nur einen kleinen Teil
von all den Gebetszetteln aus der 'Klagemauer'.
Die alle im Gottesdienst oder in Mai-Andachten vorzulesen, wäre schlicht nicht möglich.
Wohl aber könnten diese Gebetszettel eine Anregung für uns alle sein,
nicht nur in den eigenen Anliegen zu beten,
sondern immer wieder andere Menschen und ihre Sorgen und Nöte
in unser Beten einzuschliessen.
So würde unser Gebet zum Ausdruck christlicher Solidarität und Geschwisterlichkeit.